Living In A Box

Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft steht die neue Microsoft-Spielkonsole Xbox 360 in den Läden - ein großer Wurf mit einigen Kinderkrankheiten

Im Rennen um die Veröffentlichung der neuen Videospielgeneration hat Microsoft dieses Mal die Nase vorn. Denn während die vergleichbaren Spielkonsolen der Konkurrenz erst 2007 erscheinen werden (und es von Sonys PS3 bisher nur ein paar Spielszenen vorab zu sehen gibt und von Nintendo gar nur den – zugegebenermaßen hochinteressanten – Controller), steht Microsofts Hightech-Monster Xbox 360 termingerecht zum Weihnachtsfest in den Läden.

Szenen wie sonst nur bei Erscheinen eines neuen „Harry Potter“ spielten sich beim US-Launch abbefeuert natürlich durch eine gigantische Medienkampagne. Xbox-Fans kampierten in der Nacht vor den Läden, am Morgen gab’s Rangeleien beim Kampf um die raren Geräte: Microsoft konnte, bedingt durch die weltweit fast gleichzeitige Veröffentlichung, nur eine begrenzte Anzahl an Konsolen ausliefern. Oder sollte es sich um eine künstliche Verknappung gehandelt haben?

Auch wenn der deutsche Erstverkaufstag am 1. Dezember etwas ruhiger über die Bühne ging, wird ‚wohl auch hierzulande das Kontingent schnell verkauft sein. Und das – so wohl auch Microsofts Kalkül – ist ja nicht die schlechteste Promotion.

Warum also die ganze Aufregung? Nun ja, Microsoft hat die wohl modernste Spielkonsole auf den zur Zeit boomenden Markt gebracht – mindestens gleichauf mit momentanen Highend-PCs. Oder – um es in der Sprache zu sagen, die Konsolenspieler am besten verstehen: Im Innern werkelt eine PowerPC-CPU mit drei, jeweils mit 3,2Ghz getakteten Kernen und auch der ATI-Grafikchip ist State of the art. Allerdings braucht es einen HDTV-fähigen Flachbild-Fernseher, um die ganze Grafikpracht der Konsole in voller Auflösung zu genießen. Doch auch auf normalen TV-Geräten macht die neue Xbox-Grafik schon einen Unterschied ums Ganze.

Die Konsole kommt in zwei Versionen in den Handel. Einmal in der so genannten Core-Version mit Konsole, Kabel-Controller und Composite-AV-Kabel für 299 Euro. Allerdings ist hier der Zukauf einer 35 Euro teuren Memory-Card zum Sichern von Spielständen unabdingbar.

Empfehlenswerter ist da schon die Premium-Version mit Konsole, Wireless Controller, aufsetzbarer 20 GB Harddisk, Headset, Ethernetkabel, Component-HD-AV-Kabel für immerhin 399 Euro.

Vor allem der neue, äußerst gut in der Hand liegende Controller, über den die Konsole auch komfortabel von der Couch ein- und ausschaltbar ist, ist ein echter Fortschritt. Ganz schlecht allerdings die Nebengeräusche des DVD-Laufwerks. Schaut man sich Film-DVDs an – denn auch das kann die neue Xbox natürlich – scheint noch alles in Ordnung; rotiert aber eine Spiel-DVD im Laufwerk, denkt man, im Nebenzimmer werde gerade gestaubsaugt. Ein deutlicher Minuspunkt, denn so ist die Xbox die lauteste aller auf dem Markt erhältlichen Konsolen.

Das ist umso unschöner, da Microsoft die Xbox 360 auch gerne – durch Netzwerkverbindung zum heimischen PC, auf dem das Windows Media Center installiert sein muß – als Media Center verstanden haben möchte. So kann man Musik vom PC auf den Fernseher beziehungsweise die dort angeschlossene Stereoanlage streamen, Fotos oder Filme anschauen oder gar TV-Programm auf die PC-Festplatte aufzeichnen. Auch USB-Peripherie, etwa einen iPod, kann man anschließen.

Die Xbox-Live-Integration fällt weitaus eleganter aus als auf der alten Xbox. Nie war es einfacher, online zu spielen. Jeder Spieler hat dabei eine Art Visitenkarte, die Gamercard, die den Online-Status anzeigt: welche Spiele man besitzt, welches man gerade spielt, wie fortgeschritten man im jeweiligen Spiel ist. So fallt es leicht, den passenden Spielpartner zu finden.

Spielerische Vorlieben (wie etwa manuelle oder automatische Steuerung oder das Joystick-Verhalten bei Shootern) können übrigens bereits auf Betriebssystemebene der Konsole festgelegt werden und werden dann von den jeweiligen Spielen übernommen. Mit dem Live Arcade-System kann man außerdem kleine Spiele wie etwa den Klassiker „Gauntlet“ auf die Xbox laden. Bezahlt wird mit Microsoft-Points, die man im Laden oder online per Kreditkarte kauft. Die Spiele kosten dann umgerechnet zwischen fünf und 15 Euro. Bereits vorinstalliert ist das hervorragende Puzzlespiel „Hexic“ vom Tetris-Erfinder.

Bestücken kann man die neue Xbox natürlich auch über Downloads. So gibt es unzählige Inhalte online via Xbox-Live-Marktplatz, teils kostenfrei, teils gegen Bezahlung. Etwa so genannte „Themes“, um das – sehr hübsche – grafische Interface des Xbox 360-Betriebssystems zu verschönern, zusätzliche Level, aber auch Spieltrailer und Demos. Allerdings ist die Downloadgeschwindigkeit des Systems, trotz nötiger DSL-Verbindung, mehr als bescheiden, so daß man mehrere Stunden auf seinen Download warten muß. Und Multitasking ist dabei leider nicht möglich: Wer runterlädt, kann nicht gleichzeitig spielen.

Sinnvoll dagegen der eingebaute Jugendschutz, der ja – auch vor dem Hintergrund der Stellungnahmen der neuen Regierung zu so genannten „Killerspielen“ – eh längst überfällig ist, um die jüngeren Spieler vor kinder- und jugendgefährdenden Spielen zu schützen. So können Eltern etwa Spiele mit bestimmten Altersfreigaben problemlos blockieren. Kleines Manko: Das funktioniert allerdings nur bei Spielen, nicht aber bei Film-DVDs, da in Deutschland die Altersfreigaben auf letzteren nicht hinterlegt sind.

Mit der Xbox 36o hat Microsoft eine beeindruckende Konsole auf den Markt gebracht, die – entsprechendes Hightech-Equipment vorausgesetzt – wirklich Eindrucksvolles zu leisten vermag. Wenngleich es vermutlich noch geraume Zeit dauern wird, bis die bei einer neuen Technik wohl unvermeidlichen Kinderkrankheiten wie Nebengeräusche, gelegentliche Abstürze und suboptimale Downloadgeschwindigkeit behoben sein werden. Die zusätzlichen Mediacenter-Funktionen sollte man nur als Dreingabe sehen, ein Kaufgrund sind sie gewiß nicht. Und so erfreulich die neue Xbox 360 auch ist: Der wahre Spaß kommt erst, wenn man im Besitz ebenso beeindruckender Spiele ist. Eine erste Auswahl gibt’s im Kasten rechts…

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