Mo Solid Gold

Vom Glam-Punk zum sexy Soul-Rock in wenigen Jahren: Die Briten um Sänger K haben eine erstaunliche Wandlung hinter sich - und sind mit ihrer Selbstfindung noch nicht am Ende

Melde dich – auch, wenn du der größte Einfaltspinsel der Welt bist!“ So lautete ein Satz aus der Anzeige, mit der Mo Solid Gold einen Sänger zu finden hofften. Gut für die Band, dass das Selbstbewußtsein des Klamottenverkäufer Kevin aus Nottingham die Möglichkeit, sich davon abhalten zu lassen, nicht zuließ. Im Gegenteil. „Ich habe seit Jahren auf diese Chance gewartet“, sagt der 27-Jährige. „Ich habe im Wohnzimmer meiner Mutter geübt, mich zu den Platten von Prince bewegt und dazu gesungen. Als ich die Anzeige las, wusste ich, dass ich ihr Sänger werden würde.“

Die Geschichte von Mo Solid Gold beginnt mit These Animal Men, die 1994 zu den meistgehypten Acts Englands zählten. Sie trugen Eyeliner und Mod-Frisuren und waren schon Medienstars, bevor sie auch nur einen einzigen Takt Musik veröffentlicht hatten. Nichts Besonderes im Lande der Sigue Sigue Sputniks. Unzählige von ihnen könnten ein Lied davon singen, wie undankbar diese Art von Presse-Ruhm ist, der nach dem Gesetz der Serie auch These Animal Men befallen sollte. Aber bei ihnen lief der Hase dann doch anders.

Gleich die Debüt-Single „Speed King“ zeugte von musikalischer Kompetenz, und die finster-romantischen, drogenschwangeren Bühnenshows der Band waren viel versprechend. Und dann löste sie sich plötzlich auf. Zumindest in Form ihrer krude-exotischen Brit-Pop-Glam-Punk-Mixtur. Das Musikmachen an sich oder ihre Konstellation stand für die vier Briten jedoch nie zur Disposition. Für jemanden wie Bassmann Julian Hewings, der ebenso lustvoll wie überzeugend den rock’n’mlladdict gibt, wäre das schlicht unvorstellbar: „Ich lebe für Musik. Ich denke die ganze Zeit an Musik. Ich bin besessen davon.“

Als nach einer Phase der bewussten Neuorientierung schließlich die ersten neuen Songs Gestalt annahmen, klangen sie wie nichts, das man automatisch mit einer Brit-Pop-Vergangenheit in Verbindung bringen würde. Ein schweißtreibendes Konzentrat aus Stax-Soul und Detroit-Rock kristallisierte sich heraus, das nach jemandem verlangte, den die Ex-Animal Men nicht hatten: einen Frontmann.

So kam also Kevin (der jetzt K heißt, „weil’s besser klingt“, sagt Kevin) in die Band, ein Mann mit kraftvoller Stimme zwischen Curtis Mayfield, Tom Jones, Sly Stone und D’Angelo, mit einem QuäntchenJames Brown für die Extras. Dass er, nach Jahren in einer Hobby-Crossover-Kapelle nach RATM-Schnittmuster, bei Mo Solid Gold zum ersten Mal als professioneller Sänger arbeitet, ist kaum zu glauben, wenn man ihn hört Und sieht. „If anyone ever deserved to be a star, surely it’s this man!“ jubelt die englische Musikpresse.

„Wir wollten eben Typ mit Star-Qualitäten und starker Stimme“, erklärt Julian, „und schon in dem Moment, als K reinkam, wussten wir, dass er es wan Es hat eine unglaubliche Präsenz! Wenn er über Musik sprach, dann auch darübet, sexy zu sein. Und, leicht amüsiert: „Darüber hatten wir vorher nie nachgedacht.“ Aha. Du bist also sehr sexy, K? Er lacht: „Ich mache mir eigentlich nicht wirklich Gedanken darübet Es ist die Musik an sich, die ist einfach sexy.“

Wohl gesprochen. Treibende Rhythmik, maßvoller Funk, schnittige Arrangements, klassische Harmoniefolgen aus Soul und Rock und eine fette Hammond als prägendes Instrument – das ist Musik, die immer zeitlos ist, wenn sie mit Kompetenz und Hingabe gespielt wird. Davon zeugt die gesamte Geschichte des Rock und Pop, und die Live-Shows, die das Quintett derzeit in englischen Clubs abbrennt, sprechen eine ebenso deutliche Sprache. Einen „hand-clapping, foot-stomping soul riot“ nannte der „Melody Maker“ ein Mo Solid Gold-Konzert in einer seiner letzten prämortalen Ausgaben.

Dass Rock’n’Roll für K viel mehr ist als nur Entertainment, daran gibt es nicht den leisesten Zweifel: „Ich habe das alles noch gar nicht so recht begriffen. Manchmal, wenn wir etwa im Tourbus zum nächsten Auftritt unterwegs sind, und ich realisiere, was da eigentlich mit mir passiert – ich lebe meinen Traum, Mann!“

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