Nichts als Schwarz

Das britische Elektro-Pop-Duo HURTS besingt die Trübsal und Vereinzelung − mit opulenten Chören

im März erscheint „Exile“, das zweite Album des ungewöhnlich gut angezogenen Synthie-Pop-Duos Hurts; es enthält elf äußerst eingängige Lieder, die vom Verlassenwerden und Verlassensein handeln, von emotionaler Kälte und individueller Trübsal. Als wir uns aus diesem Anlass an einem äußerst trüben Januartag in Berlin zum Interview treffen, hat am Vorabend gerade die Fashion Week angefangen; ebendort hatten die Hurts vor drei Jahren ihren ersten größeren Auftritt: bei der Style Nite des Berliner Designers Michael Michalsky.

„Wir sind sehr nervös gewesen“, erinnert sich Sänger Theo Hutchcraft. Damals ging alles gut, das Michalsky-Publikum war von den Hurts angetan. „Ein Glücksfall“, ergänzt Keyboarder Adam Anderson, „wir haben seither schon oft auf Fashion-Veranstaltungen gespielt, und meistens kommen die Leute nur, um cool herumzustehen und sich volllaufen zu lassen. Keine dankbare Aufgabe, bei so was als Band aufzutreten.“ Verfolgen die Hurts denn eigentlich, was in der Mode aktuell passiert? Hutchcraft: „Ja, ich liebe die neue Kollektion von Dior!“ Anderson: „Wir interessieren uns natürlich vor allem für Designer, die mit Schwarz arbeiten, schließlich kleiden wir beide uns ausschließlich in Schwarz.“

Das Bedürfnis, mal etwas völlig anderes zu tragen, haben sie bislang nicht verspürt; im Gegenteil, sagt Anderson, es seien doch gerade die Details, die Mode ausmachen: „Wenn die meisten Leute ein Hemd sehen, dann sehen sie nur ein Hemd. Ich hingegen sehe, ob die Farbe perfekt ist oder nicht.“ Hutchcraft: „Wir streben keine Style-Revolutionen an, wir entwickeln uns auf evolutionäre Weise. Das ist bei unserem Look nicht anders als in unserer Musik.“

Auch die Songs, die man auf „Exile“ hört, lassen sich am besten als vorsichtige Weiterentwicklung des Debütalbums „Happiness“ beschreiben. Hier wie dort herrschen melancholisch-pathetische Kompositionen aus der 80er-Jahre-Elektro-Pop-Schule vor; als neues Stilmittel ist insbesondere der Einsatz von Chören hinzugekommen. Wenn Theo Hutchcraft von Verzweiflung, von Vereinzelung singt, röhrt oder jodelt im Hintergrund bald immer irgendein Kinder-, Kirchen- oder auch Fußballchor. Das liege an den Konzerterfahrungen der letzten drei Jahre, sagt er: „Wir haben oft auf der Bühne gestanden und gedacht, dass uns dieser oder jener Aspekt noch fehlt, um mit dem Publikum besser in Kontakt zu kommen.“ Und was liegt da näher als gemeinsames Chorsingen?

Produziert hat wieder der schwedische Elektro-Pop-Meister Jonas Quant. „Wir haben ohne ihn angefangen, aber dann festgestellt, dass unsere Musik zu schwer wurde“ sagt Hutchcraft. Quant habe dabei geholfen, die Songs wieder leichter zu machen. „Exile“ ist denn auch ein im selbst gesteckten Rahmen recht abwechslungsreiches Album geworden. Schade nur, dass die Hurts sich selten remixen lassen. „Unsere Musik ist für die Clubs einfach zu langsam“, sagt Hutchcraft. Echt? Das Clubmusik-Tempo ist in den letzten Jahren doch stetig gesunken, man denke nur an Dub-Techno und Witch-House. „Hm, vielleicht hast du recht … Dann schreib das doch mal auf: Die Hurts suchen nach guten Remix-Produzenten! Bewerbungen werden ab sofort entgegengenommen.“

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