Die Haut & Nick Cave
„Burnin’ The Ice“
Hit Thing/Grand Chess (VÖ: 25.4.)
Die Berliner Jahre des Sängers.

Nick Caves Lehr- und Wanderjahre führten ihn und The Birthday Party 1982 in das noch weitgehend von Kohleöfen beheizte Berlin. Im 250-Quadratmeter-Loft des DieHaut-Bassisten Christoph Dreher – Miete 400 D-Mark! – fanden die Musiker vorübergehend eine neue Heimat. Beide Bands waren davor gemeinsam durch Deutschland getourt, hatten gezeigt, wie reizvoll Kontraste sein können. Die Haut spielten in eleganten Anzügen betont cool vertrackte Instrumentals, eine Mischung aus Surf, No Wave und Jazz, während The Birthday Party ein anarchisches Noise-Rock-Feuerwerk entfachten.
„Burnin’ The Ice“ ist der gelungene Versuch, diese unterschiedlichen Ansätze zusammenzubringen
In der Frankfurter Batschkapp trat Cave beherzt nach jedem unvorsichtigen Punk, der es wagte, ihn anzuspucken. „Burnin’ The Ice“ ist der gelungene Versuch, diese unterschiedlichen Ansätze zusammenzubringen. Die Haut hatten zuvor mit Lydia Lunch die Single „Der karibische Western“ eingespielt, mit dem Leck-mich-am-Arsch-Gesang der New Yorker No-Wave-Ikone. Caves Vortrag auf „Burnin’ The Ice“ ist deutlich explosiver und transportiert jede Menge Wahnsinn. Dieser Kontrast macht die Songs so interessant: die konzeptuelle, etwas steife Haltung der Berliner gegen das manische Heulen des blinden Passagiers Cave.
„Pleasure Is The Boss“ könnte auch von Birthday Party stammen. „Dumb Europe“ lärmt etwas lustlos auf der Stelle, während der Sänger das Ende kommen sieht: „And if I die tonight, then throw me in some bleak teutonic hole/ Six feet under, with a snap-frozen soul.“ Die Musik stammt überwiegend von Christoph Dreher und Thomas Wydler – der bis heute bei den Bad Seeds trommelt. „Burnin’ The Ice“ ist kein Meisterwerk, aber ein Wiederhören wert.
Diese Review erschien im Rolling Stone Magazin 5/25.