Seit „„Crazy“ ist TOM SCHILLING ein Mädchenschwarm. Im Rampenlicht wie sein Kollege und Kumpel Robert Stadiober will der Berliner aber nicht stehen

Sie mussten die Mädchen vor seiner Haustür wegtragen, wispert die Promoterin und hat Verständnis für die Schwärmerei: Er sei ja auch wirklich süß. Tom Schilling, gerade 20 Jahre alt geworden, sitzt ein wenig verlegen wie ein Konfirmant in einer üppigen Hotelsuite. Er trägt eine schwarze Hose, ein weißes, züchtig zugeknöpftes Hemd und sieht noch zarter und schmächtiger aus als im Kino. Seit er in Hans-Christian Schmids Verfilmung von Benjamin Lebens Roman „Crazy“ den Schlawiner Janosch verkörpert hat, wird in ihm ein künftiger Teeniestar gesehen. Während der damalige Hauptdarsteller Robert Stadiober sich jedoch ins Promileben stürzte, bescheidet Schilling sich weiterhin mit der Nebenrolle. „Robert ist halt ’ne Rampensau“, sagt er – was aber nicht böse gemeint sei, denn „ich mag ihn total“. Er steht nur nicht gerne auf Partys herum, das war schon in der Schule so, wenn alle anderen auf dem Pausenhof herumgealbert haben.

In der Schule begann auch sein Weg in die Schauspielerei. Das Berliner Ensemble suchte Talente für ein Theaterstück mit Kindern. Tom, damals zwölf, sprach vor und wurde engagiert. 1998 spielte er dann seine erste Kinofigur in „Schlaraffenland“, einem missratenen Thriller über eine Clique Jugendlicher, die nachts in ein Einkaufscenter einbricht. Der Film ist ihm heute unangenehm, aber „bei 45 Drehtagen habe ich unheimlich viel gelernt“. Und nun hat er seine erste Hauptrolle in „Herz im Kopf“ (Start: 6.6.), einem Jugenddrama natürlich, das Michael Gutmann gedreht hat. Gutman war auch Co-Autor von „Nach fünf im Urwald“, „23“ und „Crazy“ und hat mit Schmid das Drehbuch geschrieben über den widerborstigen, melancholischen Jakob, der die Schule schmeißt, zu seiner schwangeren Schwester nach Frankfurt trampt, überall aneckt und sich ins polnische Au-pair-Mädchen Wanda (Alicja Bachleda-Curus) verliebt.

Gutmann hat diesen Charakter extra für Schilling geschrieben, als er die ersten Muster von „Crazy“ sah. Schilling ist mit anderer Frisur und der ruppigen, verschlossenen Art kaum wiederzuerkennen und beweist damit eine bemerkenswerte Begabung. Er selbst sieht den sensibel-humorvollen Film aber als „Regieleistung“ und begründet die eigene Leistung im Drehbuch. „Die beiden entwickeln eine Figur mit wenigen Worten so präzise, ich musste meine Rolle nur begreifen.“

Wie Jakob schwankt auch Schilling zwischen Herz und Kopf. „Ich brauche Druck und muss vom Regisseur gefordert worden, um aus mir das Optimale herauszuholen.“ Dabei mangelt es ihm nicht an Ehrgeiz. Er hasst das Mittelmaß, will schon das Einzigartige erreichen. Aber er fürchtet auch etwas die eigenen Grenzen und bleibt daher unentschlossen. „Ich bin da ja so reingerutscht und will nicht behaupten, ich sei ein Vollblutschauspieler und der Beruf mein Traum,“ Andererseits liebt er das Kino, könnte einfach so weitermachen, mal ein Film, ein bisschen Fernsehen. Für die Zukunft, überlegt er allerdings ständig, „wäre es ratsam, eine Schauspielschule zu besuchen“. Doch da beschleicht ihn wiederum die Angst vor den „gruppendynamischen Lehrstunden“. Außerdem sei er „glücklicherweise und aufgrund meines Alters in der Position, die Filme zu machen, die ich will und andere nicht mal nach einem Abschluss drehen“.

Er wird sicher noch eine Weile darüber grübeln müssen, denn das nächste Projekt steht schon in diesem Sommer an: „Verschwende deine Jugend“, eine Produktion von Claußen & Wöbke über die Anfänge der Neuen Deutschen Welle, wird wieder von Schmid inszeniert. Stadiober spielt darin den Sänger einer New-Wave-Kapelle und Schilling, der sich mit 14 „Your Futteral, My Trial“ von Nick Cave gekauft hatte, „einen Angestellten der Stadtsparkasse, der den Manager gibt“. Danach muss er wohl darauf achten, nicht ständig als niedlicher Junge von nebenan besetzt zu werden. Damit dürfte allerdings endgültig auch die Zeit von hemdsärmligen deutschen Sexsymbolen wie dem alternden Schimanski oder TU Schweiger beendet sein. Knaben wie Stadiober und Schilling sind heute eindeutig cooler.

Und als wollte er das bekräftigen, erzählt Schilling von seiner Beziehung zu Bachleda-Curus, die seit dem Historienfilm „Pan Tadeusz“ von Andrzej Wajda in Polen ein Star ist und schon eine Platte besungen hat. „Wir fanden uns sehr anziehend, und während der Dreharbeiten gab es zwischen uns immer eine Spannung. Ich war total verknallt in sie.“ Auf die Bemerkung, ob er mit dieser Information denn auf die „Bild“-Klatschseite wolle, sagt Schilling dann mit bescheidener Professionalität: „Für Liebesszenen ist es doch gut, wenn man dem Film ansieht, dass wir uns mochten.“

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