WEEN

Breit ist das Wort dafür. Es beschreibt die überdimensionalen Grimassen, die der dicke Gene Ween beim Singen schneidet, genauso wie die Riffs, die der schlaksige Dean Ween dazu gniedelt Ween sind alles andere als geschmäcklerisch, und ihr Konzert in der Markthalle ist beinahe der Höhepunkt des schlechten Geschmacks: ein Karaoke-Bumms, auf dem so was wie Scham nicht existiert; eine Revivalparty, die aus dem Ruder läuft. Auf jeden Fall eine ausgemachte rockistische Ferkelei – auf musikalisch höchstem Niveau, das versteht sich. Mit Chuzpe lümmeln sich Ween durch die Geschichte der Popularmusik, und der Kanon der witzelnden Kennerschaft wird während ihrer immer länger werdenden Konzerte gern mal auf der Strecke gelassen. Hier regiert der Geist von Zappa und anderen Vätern der Klamotte.

Kaum zu glauben, aber Dean und Gene, die inzwischen ganz locker die mittelgroßen Hallen füllen, sind zu Integrationsfiguren des amerikanischen Indie-Rock avanciert So unverfroren wie unverbindlich, so ekelhaft wie delikat ist ihr wuchernder Eklektizismus, in dem Schlockrock genauso seinen festen Platz hat wie Geschlechtskrankheiten. Das ist günstig: Wer will, kann Ween Hintersinn attestieren, wer will, kann aber auch einfach nur die Luftgitarre auspacken.

Und das wollen alle. Am Anfang fummeln lediglich ein paar Typen in der ersten Reihe der Markthalle in Genitalhöhe an dem fiktiven Instrument rum, später macht kollektiv der ganze Saal mit Dean und Gene, die ein bißchen so aussehen, als seien sie gerade aus Richard Linklaters Siebziger-Jahre-Kifferstudie „Dazed And Confused“ getaumelt, finden’s prima. Kommen aber trotzdem nicht der großspurigen Ankündigung nach, drei Stunden zu spielen – als sie nach schon 150 Minuten von der Bühne schluffen, bleibt außer Bierlachen und strengem Schweißgeruch die Frage zurück, was das jetzt gewesen sein soll. Vorschlag: die Wiedergeburt des Rock durch seine Persiflierung.

Was auf den unermüdlich gefertigten Alben des Duos noch komisch, böse und skurril ist, immer auch eingängig und verführerisch, wird im Konzert zum breiigen, mutwilligen und desinteressierten Zerstörungswerk. Eine frag-, wenn nicht unwürdige Gaudi.

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