John Lydon: ‚Man sollte Thatchers Tod nicht feiern‘

"Ihre Politik war schlimm, aber ich tanze nicht auf ihrem Grab". Der ehemalige Sex-Pistols-Sänger John Lydon kritisiert den spöttischen Umgang mit dem Tod der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher.

Johnny Rotten
John Lydon

Der ehemalige Sex-Pistols-Sänger John Lydon lehnt jede Häme gegenüber der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher, die am Montag im Alter von 87 Jahren verstarb, ab. Lydon sagt, er verurteile alle Gruppierungen, die den Tod Thatchers feiern wollen.

„Ich freue mich nicht über die Buh-Partys“, sagt der Ex-Punk. „Thatchers Politik war schlimm und betraf mich sehr, als ich noch jung war. Aber das heißt nicht, dass ich auf ihrem Grab tanzen werde.“ Er sei ihr Feind gewesen, als sie noch gelebt habe, aber jetzt, da sie tot ist, nicht mehr. Die größte Herausforderung damals, so Lydon weiter, sei es gewesen, als Sex Pistol die Premierministerin treffend zu kritisieren. „Und das taten wir ziemlich gut.“

Währenddessen steigt der Song „Ding Dong! The Witch Is Dead“ aus dem Film „Der Zauberer von Oz“ weiter in den Charts. In der offiziellen britischen Singles-Hitliste steht das Lied derzeit auf Platz vier. Platz eins der britischen iTunes-Charts hat das Stück bereits inne. Damit erwies sich eine Facebook-Kampagne als erfolgreich. Die Facebook-Gruppe wollte mit dem Liedtitel, 1939 eingesungen von Judy Garland, auf den Tod der früheren britischen Premierministerin anspielen und rief zum Kauf bei iTunes auf.

Dass Hits mittels Internetkampagnen möglich sind, bewies man bereits 2009 – „Killing In The Name“ von Rage Against The Machine besetzte damals die Nummer-Eins-Position während der Weihnachtszeit. Der Aufruf zum Kauf wurde auch 2009 schon über Social-Media-Kanäle befeuert.

Die BBC, die traditionell in ihrer Radio-1-Chartshow die aktuelle Hitliste spiegelt, erwäge laut des „Independent“ derzeit noch, ob „Ding Dong!“ am Sonntag angespielt wird. Ein Sprecher sagte: „Wir entscheiden das, wenn die finale Chartposition fest steht.“

In der Musikwelt meldeten sich zum Tod Margaret Thatchers auch Künstler zu Wort. So hatte Morrissey zwei kritische Briefe verfasst. In seinem zweiten Brief vergleicht Morrissey England mit einer Diktatur. Er geht davon aus, dass Protestierende beim Begräbnis Thatchers von der Polizei mit Tränengas vertrieben werden würden: „Vereintes Königreich? Syrien? China? Wo ist da der Unterschied?“

Morrissey: „Thatcher hat sich einen Scheiss für das Volk“ interessiert

Morrissey kritisierte den Umgang der britischen Presse mit Kritikern der ehemaligen Staatschefin. Wenn man nicht „pro-establishment“ sei, so der Sänger, werde jeder hinterfragende Kommentar gleich als „explosiver Angriff“ umgedeutet. „Thatcher hat sich einen Scheiss für das Volk“ interessiert, schreibt Morrissey auf der Fanzine-Seite „True To You“, keine Politikerin habe das Volk mehr verachtet als sie. David Cameron, der jetzige Premierminister Englands, ignoriere mit seinem Gedenken an die verstorbene „Tory“-Parteikollegin die berechtigte Kritik an ihrer früheren Politik.

Bereits 1984 hatte Morrissey bedauert, dass Margaret Thatcher nicht bei einem IRA-Attentat ums Leben gekommen war. Klar, dass er nicht in Tränen ausgebrochen ist, nachdem der Tod von Margaret Thatcher verkündet worden war.

Im Gegenteil: in einem ersten, offenen Brief verfasste Morrissey für die US-amerikanische Webseite „Daily-Beast“ einen wenig schmeichelhaften Nachruf. Darin schreibt Morrissey unter anderem:

„Sie zerstörte die Britische Fertigungsindustrie, sie hasste die Minenarbeiter, sie hasste die Künste, sie hasste die irischen Befreiungskämpfer und erlaubte, dass sie starben; sie hasste die Armen in England und tat nichts um ihnen zu helfen, sie hasste Greenpeace und Umweltschützer; sie war die einzige europäische Staatsführerin, die sich gegen ein Verbot des Elfenbeinhandels aussprach, sie hatte weder Witz noch Wärme und sogar ihr eigenes Kabinett schmiss sie raus (…) Eisern? Nein. Barbarisch? Ja.“

sg/jt
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