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25 vergessene & verkannte Meisterwerke
Wolfgang Doebeling rückt so herausragende wie vernachlässigte Alben aus allen Epochen ins rechte Licht.
Bobby Bland -"Here’s The Man!!!". Wäre das berühmtere und mit Recht viel gepriesene „Two Steps From The Blues“ vom Vorjahr ein reguläres Album und keine Compilation von Material, das sich zwischen 1956 und 1960 angesammelt hatte, müsste „Here’s The Man!!!“ dahinter zurücktreten.
Bobby Bland -„Here’s The Man!!!“. Wäre das berühmtere und mit Recht viel gepriesene „Two Steps From The Blues“ vom Vorjahr ein reguläres Album und keine Compilation von Material, das sich zwischen 1956 und 1960 angesammelt hatte, müsste „Here’s The Man!!!“ dahinter zurücktreten.
Immerhin wuchert „Two Steps“ mit überragenden, Blands unverwechselbar Beale-Street-geschulten Vokalstil zwischen Soul und Blues auskostenden Aufnahmen wie „Cry, Cry, Cry“ und „I Pity The Fool“.
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Musikalisch kaum weniger beeindruckend, ist „Here’s The Man!!!“ freilich aus einem Guss, das Resultat einer intensiven Session, mit ebenfalls etlichen interpretatorischen Meisterleistungen.
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T-Bone Walkers Blues-Lament „Stormy Monday“ lädt der Vokalstilist mit R&B auf, Charlie Richs „Who Will The Next Fool Be“ wird in Bourbon getaucht und so lange ausgewrungen, bis der Narr wieder nüchtern ist. Man nannte ihn nicht umsonst Bobby „Blue“ Bland.
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The Walker Brothers – „Portrait“. Solange „Portrait“ von der Kritik nicht auf eine Stufe mit anderen Meilensteinen des Jahres 1966 wie „Aftermath“, „Pet Sounds“ und „Blonde On Blonde“ gestellt wird, bleibt das Wunderwerk der Walkers verkannt. Das kann freilich noch dauern, denn schiere Qualität allein, ohne Innovationsnachweis oder Distinktionsbonus, erwies sich selten als hinreichend für eine Kanonisierung.
„Portrait“ bietet jedoch nichts Neues, nie Dagewesenes, bloß erlesene Songs, erhabenen Gesang, nuancenreiche Orchestration, kurzum: so seltene wie schlichte Perfektion. Gleich die ersten Takte versprechen Großes, definieren den Ton des Albums. „In my room, way at the end of the hall“, deklamiert Scotts auratischer Bariton in nobler, selbst auferlegter Isolation, „I sit and stare at the wall/ Thinking how lonesome I’ve grown, all alone, in my room“.
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Keith Altham beschreibt Scott Walker in seinen Liner Notes als „Existentialist who knows what it means“, und wem die Bedeutung dieser Worte nicht unmittelbar einleuchtete, bekam spätestens beim Hören eine dunkle Ahnung davon.
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Doch dies ist nicht die musikalische Verwirklichung eines Mannes, dies sind die Walker Brothers, deren Zauber nicht ohne das Zutun von John wirkte. Die Verschmelzung seiner warmen, körnigeren Stimme mit Scotts glasklarer Intonation erst machte das Drama so packend, ob auf Curtis Mayfields Gospeladresse „People Get Ready“ oder auf Gershwins Gassenhauer „Summertime“.
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Waylon Jennings – „Waylon At JD’s“. JD’s in Phoenix, Arizona war der größte Schuppen weit und breit: zwei Etagen, zwei Bands gleichzeitig, darunter regelmäßig die von Waylon Jennings. Trotzdem ist dies kein Live-Album, denn JD’s betrieb dort auch ein
Recording Studio.
Hier entstanden die Aufnahmen zu Waylons erster LP Anfang Dezember 1964 binnen weniger Tage, mit superben Versionen bekannter Songs von Roy Orbison oder Buck Owens. Vor Weihnachten konnte man die Platte im Nachtclub nebenan käuflich erwerben. Und nur dort, was die Originalpressungen zu kostspieligen Preziosen macht.
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Vocalion veröffentlichte 1969 eine um Buddy Hollys „It’s So Easy“ und Bob Dylans „Don’t Think Twice“ gekürzte Lizenz-Edition, allerdings klanglich nivelliert. Dabei sind es neben Waylons frei tönender, noch ungepresster Stimme gerade Räumlichkeit und Dynamik, die hier begeistern.
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Merle Haggard – „I’m A Lonesome Fugitive“. Merle Haggards drittes Album überragt die großartigen Vorgänger „Strangers“ und „Swinging Doors“ nicht um Haupteslänge, nur um die paar Haare, die sich verlässlich aufrichten, wenn er den Titelsong anstimmt.
Dabei ist „I’m A Lonesome Fugitive“ neben Jerry Wards Rührstück „Mary’s Mine“ und Jimmie Rodgers’ Trutzstück „My Rough And Rowdy Ways“ der einzige Song hier, der nicht aus Haggards Feder stammt. Liz und Casey Anderson hatten das Lied vom einsamen Verfolgten geschrieben, und doch versinnbildlicht es wie kein zweites Haggards Image der frühen Jahre.
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„A fugitive must be a rolling stone“, singt er schicksalsergeben, und man nahm ihm die Rolle des finsteren, flüchtigen Ausbrechers ab, immerhin hatte er selbst gesessen. Zum Line-up seiner Strangers gehören James Burton und Glen Campbell, die Picking-Duties sind also in besten Händen.
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Kinky Friedman – „Kinky Friedman“. Friedmans erstes Album, „Sold American“ von 1973, war lauter, derber, frivoler, doch das zweite besaß die besseren, nachhaltigeren Songs.
Mit dem Debüt hatte sich der unbotmäßige Texaner eine Menge Feinde gemacht, unter Rassisten, Feministinnen, Militärs und nicht zuletzt unter seinesgleichen, den Juden im Lone Star State, die ihn als Nestbeschmutzer beschimpften.
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Auf „Kinky Friedman“ zahlte er es der selbstgerechten Mischpoke zurück: „They ain’t makin’ jews like Jesus anymore/ We don’t turn the other cheek the way they done before/ They ain’t makin’ carpenters who know what nails are for/ Lord, they ain’t makin’ jews like Jesus anymore“. Nie war Country-Rock kontroverser, nie komischer.
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Dan Penn – „Nobody’s Fool“. Für einen musikalischen Riesen ist sein Back-Katalog eher zwergenhaft, doch liegen die wahren Verdienste Dan Penns nun mal nicht im Gesangsbereich. Penn ist in erster Linie Songwriter und Produzent, schrieb Hits für Conway Twitty, die Box Tops und Aretha Franklin, entweder allein, mit Chips Moman oder Spooner Oldham. „The Dark End Of The Street“ wurde in der unübertroffenen Version von James Carr ein Soul-Klassiker, fand aber auch Eingang in Repertoires stilistisch so differenter Interpreten wie der Flying Burrito Brothers, Prince Buster oder Dolly Parton & Porter Wagoner.
Was nicht heißen soll, Dan Penn habe nicht auch als Sänger Qualitäten. Seine frühen Fame-Aufnahmen beweisen, dass sich die Stimme des Tausendsassas aus Alabama bestens für Rhythm & Blues der Sorte eignet, die in den Südstaaten verwurzelt ist, einen schwarzen Stamm hat, aber hin und wieder auch herrliche weiße Blüten austreibt.
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Es erstaunt daher, dass Penn 1972 regelrecht genötigt werden musste, endlich ein Album unter seinem Namen aufzunehmen. Umso mehr als die LP zwar keine Songs enthält, die sich mit seinen besten Auftragsarbeiten messen könnten, dafür eine Palette unerschrocken vorgetragener, nicht selten schwarzhumoristischer Vignetten, von denen „Skin“ die bizarrste ist:..
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…ein weltverdrossener, moralinsaurer Monolog zu Hab-Acht-Streichern, der Künstler so zornig wie stoned. Andere Tracks wie „Rainin’ In Memphis“ oder „I Hate You“ finden die Schnittmenge von Country und Soul mehr straßenmittig, Fogertys fatalistisches „Lodi“ gewinnt an Gewicht, Oldham orgelt füllig, sowieso zeichnen sich die Arrangements nicht eben durch Subtilität aus. Ein erratisches Meisterwerk mithin, das indes mit jedem Hören näher ans Herz wächst.
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Barbara Lynn – „You’ll Lose A Good Thing“. Es war in den Fünfzigern keine Selbstverständlichkeit für ein Mädchen, zur Gitarre eigene Songs zu schreiben und die mit einer All-Girl-Band zu performieren, erst recht nicht für ein schwarzes Mädchen in Texas.
Barbara Lynn Ozens Vorbilder hießen Jimmy Reed und Elvis Presley, ihre Songs waren romantisch, aber nicht von der duldsamen Art, eher ein wenig aufsässig, jedenfalls selbstbewusst, ja tough.
Copyright: Collection Gilles Pétard
Sie war achtzehn, als sie von Huey P.Meaux entdeckt und in ein Studio in New Orleans gesteckt wurde, wo diverse Singles und diese erste, fabelhafte LP entstanden. Lynns Teen-Soul hat Pop-Appeal, aber auch Blues-Kanten, sie zickt nicht, zeigt dem Verehrer vielmehr, wo es lang geht.
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Im Lichte der Verurteilung ihres langjährigen Produzenten Meaux wegen nachgewiesenen Missbrauchs Minderjähriger ein tröstlicher Gedanke. Sie wird sich den Schuft schon vom Leib gehalten haben, möchte man hoffen.
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Wanda Jackson – „Rockin’ With Wanda“. Ungeachtet des erstaunlichen Umstands, dass Wanda Jackson noch heute die Wände zum Wackeln bringen kann, schienen ihre Aussichten in den Fifties, mit Rock’n’Roll zu punkten, äußerst bescheiden.
Die geballte Macht von RCA hatte es nicht geschafft, Janis Martin als weiblichen Elvis zu verkaufen, doch Wanda Jackson gelang es, die männliche Domäne zu infiltrieren. Weil sie über eine Stimme verfügte, die sich auch auf verbotenem Terrain behauptete, die verrucht war und verführerisch zugleich.
Copyright: Michael Ochs Archives/Getty Images
Auf Jacksons erster LP von 1958 fand sich mit ihrer Version von „Let’s Have A Party“ ein Knaller ohnegleichen, der indes erst als Single explodierte, mit erheblicher Verzögerung.
Copyright: Michael Ochs Archives/Getty Images
Diese zweite hält ähnliche Kaliber bereit: „Mean Mean Man“ verflucht und verzeiht, „I Gotta Know“ wechselt zwischen gestrecktem Rockabilly-Galopp und nach Atem ringendem Country-Trab. Pretty damn wild.
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Chilli Willi & The Red Hot Peppers – „Kings Of The Robot Rhythm“. Die Geschichte des Pub-Rock ist eine medial leider notorisch unterbelichtete, weil die Glitzerwelt des Glam-Rock und die Provokationen des Punk die bunteren Bilder und die sensationelleren Nachrichten lieferten.
Viel Licht lässt sich in ein paar Zeilen nicht darauf werfen, doch soll auf eine Platte aufmerksam gemacht werden, die
alle dem Pub-Rock inhärenten Tugenden auf den Punkt bringt und nebenbei sein Scheitern wenn nicht erklärt, so doch verständlicher macht.
Copyright: Estate Of Keith Morris/Redferns
Chilli Willi nannten sich Phil Lithman und Martin Stone, zwei blues- und folk-rock-sozialisierte Multiinstrumentalisten, technisch versiert, aber angeödet vom kunstfernen Krämergeist des Musikbetriebs. Das Duo wollte ureigene Musik machen, zu deren Vermarktung aber nur wenig beitragen.
Copyright: Keith Morris/Redferns
Als Live-Attraktion übten sie mit ihren Red Hot Peppers, einem zusammengewürfelten Haufen von Pub-Rock-Vagabunden aus dem Brinsley-Schwarz-Umfeld wie Nick Lowe und Bob Andrews, keine geringe Zugkraft aus, ihre mit demselben Personal aufgenommene LP „Kings Of The Robot Rhythm“ indes fand kaum Interessenten.
Copyright: Estate Of Keith Morris/Redferns
Unendlich schade, denn die Platte geizt nicht mit musikalischen Reizen, gehaltvollen Songs und einer kompromissverweigernden No-Bullshit-Attitüde als Absatzbremse. Zwei Jahre später versuchten es die Lust-und-Laune-Rigoristen noch mal, mit „Bongos Over Balham“, musikalisch nicht ganz so abenteuerlich, aber nun ganz ohne Echo.
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Kevin Coyne – „Millionaires And Teddy Bears“. Kevin Coynes Musik war nicht zart besaitet, sie bollerte laut, expressiv und gelegentlich wüst, nahm keine Rücksicht auf Kuschelbedürfnisse, geizte mit melodischen Gefälligkeiten.
Dabei war Coyne selbst eine Seele von Mann, sein Bemühen um aufrechte Haltung und sozialmoralisches Denken zieht sich wie ein roter Faden durch eine Karriere, die so viel erfolgreicher hätte sein können, wäre sich der ewig grantelnde Songpolitiker für Kotaus nicht zu schade gewesen.
Copyright: Leon Morris/Redferns
Den Profiteuren des Popgewerbes galt seine Verachtung, seine Zuneigung den Außenseitern, Wirrköpfen und sonstwie Gedemütigten.
Copyright: vCaem/Hanekroot/Redferns
Als Realist wusste Coyne um die Verhältnisse, hörte aber nicht auf, ihnen zu trotzen. „The world is full of fools“, singt er am Ende seines besten Albums selbstvergewissernd, „but it doesn’t make me a bad person.“
Copyright: Jan Persson/Redferns
Steeleye Span – „Hark! The Village Wait“. Martin Carthy und Peter Knight sollten ab 1971 für stringentere Elektrifizierung sorgen und Steeleye Span als zweite Speerspitze des britischen Folk Rock nach Fairport Convention etablieren helfen, doch ist auf „Hark! The Village Wait“ schon alles dafür angelegt.
Die E-Gitarren von Tim Hart und Terry Woods fremdeln noch ein wenig mit dem tradierten Liedgut aus längst verflossenen Tagen, die Session-Schlagzeuger Gerry Conway und Dave Mattacks dürfen indes schon beinahe überall ihre Stöcke einsetzen, tun dies aber meist eher zurückhaltend.
Copyright: Jorgen Angel/Redferns
Was die Debüt-LP von späteren Großtaten unterscheidet und ihr einen besonderen Charakter verleiht, zugleich ungezügelt und wunderschön, ist die Omnipräsenz zweier Frauenstimmen: Gay Woods und Maddy Prior umschmeicheln oder belauern einander, trauern und jubilieren einmütig oder verzehren sich kratzbürstig nach Demselben.
Copyright: David Warner Ellis/Redferns
Die daraus resultierenden Spannungsbögen halten das Album ungeheuer lebendig, vom appellativen A-cappella-Opener bis zum banjobeschwingten Sehnsuchtstraum im finalen „One Night As I Lay On My Bed“. Danach gingen Gay & Terry Woods eigene Wege.
Copyright: David Warner Ellis/Redferns
Them – „Them Again“. „This is another album by Them“, eröffnen die Liner Notes lakonisch, bevor es analytisch zur Sache geht: „It’s quality lies in Them’s efforts to break away from the popular image of long-haired marraccas-shaking pop groups“.
Es waren erst sieben Monate seit ihrer kongenial betitelten Sturm-und-Drang-LP „The Angry Young Them“ vergangen, doch hatten die R&B-Wüteriche aus Belfast in der kurzen Zeit tatsächlich ihr instrumentales Vokabular um Vibrafon, Saxofon und Flöte erweitert, auf dem Weg „towards a sound very close to the jazz idiom“.
Copyright: John Rodgers/Redferns
Ein paar Songs wie der Garage-Beat-Heuler „I Can Only Give You Everything“ wären zwar auch auf der Vorläufer-LP keine Fremdkörper gewesen, andere indes wie „Hey Girl“ antizipieren bereits Van Morrisons Astralwochen. Und „It’s All Over Now, Baby Blue“ hat selbst sein Schöpfer nicht besser hingekriegt.
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The Knitters – „Poor Little Critter On The Road“. Unter dem Deckmantel der Knitters taten sich maßgebliche Mitglieder sonst eher lärmgewohnter L.A.-Bands zusammen, um primär akustisch den Freuden von Folk, Country und Rockabilly zu frönen, ohne Punk-Attacke, indes nicht ohne Punk-Bewusstsein.
John Doe, Exene Cervenka und D. J. Bonebrake von X, Dave Alvin von den Blasters und Jonny Ray Bartel von den Red Devils konvergierten auf einer fulminanten Fassung des Traditionals „Walkin’ Cane“ als wären sie ….
Copyright: Clayton Call/Redferns
….seit Äonen aufeinander eingespielt, und erschlossen sich altehrwürdige Songs von Leadbelly und der Delmore Brothers mit so viel schwärmerischem Elan, dass man darüber die hehren Vorbilder vergaß, vorübergehend.
Copyright: Clayton Call/Redferns
The Bluetones – „Expecting To Fly“. Der Britpop-Boom ist keine zwanzig Jahre her, da verengt sich im Rückspiegel der meisten publizierten Erinnerungen bereits alles auf vier Acts: Oasis, Blur, Pulp, Suede. Eine unzulässige Verkürzung, die freilich auch bei Rückschauen auf andere vitale Epochen britischer Popgeschichte gang und gäbe ist.
Eine Bankrotterklärung sogenannter Fachzeitschriften, mit weitreichenden, fatalen Folgen. Weil damit Musik vom medialen Monitor verschwindet und im kollektiven Gedächtnis mählich verblasst, die vielleicht nur für Monate wirklich wichtig war, über ihre Halbwertzeit als kultureller Faktor hinaus aber jederzeit in der Lage ist, zu entzücken und so das Leben zu bereichern.
Copyright: Mike Prior/Redferns
The Bluetones gehören zu dieser gefährdeten Spezies von Bands, dabei waren sie im UK äußerst erfolgreich, hatten diverse Hits und ihre LP „Expecting To Fly“ schoss prompt an die Spitze der Charts, obwohl sich von Cool Britannia 1996 nur noch Blair selbst Synergie-Effekte versprach.
Copyright: Tommy Jackson/Redferns
Verkannt waren die Jungs mit den listig-subversiven Songs und goldenen Refrains, den Searchers-Gitarren und Stone-Roses-Grooves also nicht, doch gilt es nun, sie vorm Vergessenwerden zu bewahren, nicht alarmistisch, vielmehr dem Leitsatz von „Bluetonic“ folgend: „No challenge should be faced without a little charm and a lot of style“.
Copyright: Benedict Johnson/Redferns
Dion & The Belmonts – „Presenting Dion And The Belmonts“. Ein paar Jahre zuvor sangen sie sich an den Straßenecken der Belmont Avenue noch die Stimmbänder wund und das Herz aus dem Leib, machten Mädchen wuschig mit ihrem so eleganten wie hingebungsvollen Barbershop-Belcanto und träumten vom großen Hit.
Doch 1959 war die große Zeit des Doo Wop vorbei, die Teenager in der Bronx waren Rock’n’Roll-informiert, Dion und seine Belmonts hatten sich ihren Traum erfüllt, gleich mehrfach, und sie befanden sich an einem Scheideweg, nicht nur musikalisch.
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Drei hatten sich im Griff, Dion hing an der Nadel, drei wollten weitermachen mit flottem Harmoniegesang, den Leadsänger aber drängte es, sich eine Gitarre umzuhängen und anstelle von Standards eigene Songs zum Klingen zu bringen. Folgerichtig trennten sich 1960 die Wege der Jugend-Gang, gerade dem Teen-Alter entwachsen.
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Zurück blieben ein paar unsterbliche Hits wie „I Wonder Why“, „A Teenager In Love“ und „Where And When“, die auf dieser späten Debüt-LP noch mal chromblitzend paradieren dürfen wie hochglanzpolierte Cadillacs, neben rostigeren, nicht weniger cruisetauglichen Vehikeln wie „I Got The Blues“ oder „Don’t Pity Me“, zum Abschied von einer aufregenden Ära.
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J. J. Cale – „Okie“. Bevor er scheinbar anstrengungslose, wonniglich entspannte und sublim in sich ruhende Platten für die Ewigkeit machte, spielte J. J. Cale Rock’n’Roll und war psychedelisch unterwegs.
Eine spinnerte Exploitation-LP titels „A Trip Down The Sunset Strip“ wurde unter dem Moniker The Leathercoated Minds offeriert, doch verbarg sich dahinter der nach Sinn und Sound suchende Gitarrist aus Tulsa, Oklahoma.
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Vor seiner Haustür, in der Hängematte, fand er schließlich beides auf einmal: den Sinn im Sound. „Naturally“ hieß nicht von ungefähr die erste LP, auf der dieser aufreizend lässige, beinahe lethargisch rollende Country-Boogie zelebriert wurde, „Really“ die zweite, lakonischere. Beide setzten hohe Standards, doch „Okie“ übertraf sie noch, war noch einen Tick delikater.
Copyright: Gijsbert Hanekroot/Redferns
Produzent Audie Ashworth perfektionierte den längst patentierten Stil, indem er Cales stoisches Gemurmel extrapolierte, aus den Tiefen des Mix nach oben holte und es mit lieblichen Melodien fütterte, die nach Honigmelonen schmecken. Und nach mehr.
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Mike Wilhelm – „Wilhelm“. Als Musiker verpasste Mike Wilhelm den Zeitgeist immer um Haaresbreite, war ihm entweder einen Schritt voraus oder stolperte hinterdrein. The Charlatans, bei denen er sang und so blendend Gitarre spielte, dass ihm Jerry Garcia huldigte, waren Pioniere des Acid-Folk-Rock, brachten es aber erst zu einigem Ruhm, nachdem sie sich aufgelöst hatten.
Hank Davis – „Crazy Living“. Der in Arkansas geborene, erst in seiner Wahlheimat Kanada regional reüssierende Sänger und Songwriter ist einer von vielen unbesungenen Helden der Musikhistorie.
Richard X. Heyman – „Living Room!!“. Power Pop genießt man am besten in knackigen 3-Minuten-Portionen, weshalb das hybride Genre zwar stapelweise tolle Singles abgeworfen hat, auf Albumlänge aber selbst in den Siebzigern nur selten überzeugte.
Heymans musikalische Ingredienzien bleiben stilkonform, er mischt wie andere vor ihm Merseybeat mit Byrds-Jangle, doch sind seine Riffs prägnanter, seine Hooklines eingängiger, seine Texte eloquenter, seine Vocals eindringlicher. Fabulous!
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Marissa Nadler – „Ballads Of Living And Dying“. Ein Poem von Edgar Allan Poe so zu vertonen, dass nicht ansatzweise der Verdacht aufkommt, hier wäre Hybris im Spiel, ist schon bemerkenswert.
Natürlich sagt das einiges über Nadlers Welt als Wille und Vorstellung, ein Kontinuum, wo verwunschene Dinge ein Eigenleben entfalten und Liebestrunkenheit unweigerlich ins Verderben führt. Der Geliebte kehrt heim, doch in einem Sarg aus Zedernholz.
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The Valentine Six – „The Valentine Six“. Die Songs heißen „Ghost Face“ oder „Motel Lights“, berichten von roten Tropfen auf bleicher Haut und schwarzer Schmiere auf Gleisen, verursacht von lichtscheuen Gestalten, von Verstoßenen und Verzweifelten.
Simon Joyner – „Hotel Lives“. „Here’s another song about an old hotel/ A place you can rise in, the same place you fell“, beginnt
Simon Joyner seinen fesselnden Zyklus über Dämonenaustreibungen in klaustrophobischer Isolation, „To get lost in solitude and saved by yourself/ And did I mention I’m alone as well“.
Willis – „Come Get Some“. Bei Rough Trade ging „Come Get Some“ am Erscheinungstag weg wie geschnitten Brot, die erste Pressung war im Nu vergriffen, doch wussten die sonst so gut informierten Plattenhändler keine Antwort auf die Frage: „Who the fuck is Willis?“
Willis Alan Ramsey – „Willis Alan Ramsey“. Die Legende des
Willis Alan Ramsey bezieht ihre anhaltende Faszination aus der unwahrscheinlichen, ja unerklärlichen Kombination zweier Faktoren.
Zum einen aus dem künstlerisch einflussnehmenden, kommerziell respektablen Erfolg seiner ersten LP, zum anderen daraus, dass es auch seine letzte blieb. Aber von vorne: Als der in Alabama geborene, in Texas aufgewachsene Ramsey sein Album veröffentlichte, war die Kritik voll des Lobes.
J. Jasmine – „My New Music“. Extraordinär, extravagant, experimentell. Extrem schwer aufzutreiben zudem, jedenfalls in seiner genuinen Form als originales Artefakt. Opake, elektronisch generierte Collagen, mal fließend, mal burlesk, dazu Harmonien und Disharmonien von Violinen, Trompeten, Tack Piano, Banya Drums, Mbira und anderen Klangquellen, konventionellen wie exotischen,…
…darüber J. Jasmines gesungene, keineswegs verhuschte Lyrik. „,My New Music‘“, so die kühne Künstlerin, die bürgerlich Jacqueline Humbert heißt, „is a collection of personal stories and private desires, exposed, articulated, performed and dedicated to the hope that one person’s fantasies can contribute to another person’s freedom“.
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