Trumps wahnwitzige faschistische Posting-Orgie ist mehr als nur eine Ablenkung von Epstein

Trump verbrachte den Sonntagabend mit dem Posting von Inhalten, in denen die Verhaftung von Barack Obama und anderen Demokraten fantasievoll dargestellt wird

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US-Präsident Donald Trump teilte am Sonntagabend auf Truth Social ein KI-generiertes Video. Es zeigt, wie FBI-Agenten den ehemaligen Präsidenten Barack Obama verhaften und aus dem Oval Office zerren. Der amtierende Präsident teilte oder verfasste mehrere Beiträge, in denen er die Inhaftierung seiner politischen Feinde befürwortete. Wobei er sich größtenteils auf rechtsextreme Verschwörungstheorien stützte. Diese Flut an Beiträgen kommt zu einem Zeitpunkt, an dem er versucht, die Öffentlichkeit von der Jeffrey-Epstein-Katastrophe abzulenken, die seine Regierung seit Wochen belastet.

KI-Video zeigt Obama in Handschellen im Oval Office

Trumps faschistische Fantasien, seine Gegner – von demokratischen Abgeordneten bis zu Late-Night-Moderatoren – leiden zu sehen, sind jedoch nicht nur Ablenkung. Sie sind Teil eines sehr realen autoritären Projekts, das er und seine Regierung seit sechs Monaten aktiv verfolgen. Und das sie offensichtlich bis zum Ende seiner Amtszeit fortsetzen wollen.

Das Video, in dem Bundesagenten Obama wegzerren, wurde offenbar mit künstlicher Intelligenz erstellt. Es ist unterlegt mit dem Song „Y.M.C.A.“ von den Village People. Es beginnt mit einer Zusammenstellung von Clips, in denen demokratische Amtsträger – darunter Obama, die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi (D-Kalifornien) und der frühere Präsident Joe Biden – sagen: „Niemand steht über dem Gesetz.“ Anschließend zeigt das Video einen KI-generierten Clip, in dem Trump und Obama im Oval Office sitzen. FBI-Agenten treten ein. Zwingen Obama auf die Knie. Legen ihn in Handschellen legen. Und verhaften ihn, während Trump grinst. Am Ende sieht man ein weiteres KI-generiertes Bild von Obama. In einer Gefängniszelle in einem orangefarbenen Overall.

Trump tobt seit Tagen über Vorwürfe von der Direktorin der nationalen Nachrichtendienste, Tulsi Gabbard, wonach Obama und hochrangige Mitglieder seiner Regierung 2016 eine „verräterische Verschwörung“ gegen Trump geführt hätten. Gabbard beschuldigte die Obama-Regierung, Geheimdienstinformationen „manipuliert und politisiert“ zu haben. Um die Grundlage für das zu legen, was sie als jahrelangen Putsch gegen Präsident Trump bezeichnete, im Zusammenhang mit der russischen Wahleinmischung von 2016.

„The Shady Bunch“ und der Ruf nach politischer Rache

Am Sonntag teilte Trump auch ein weiteres KI-generiertes Video. Dieses Mal von einem Account namens „DeepFakeQuotes“. Es zeigt einen Mann mit Guy-Fawkes-Maske. Der den Zuschauern erklärt: „Das ist keine Verschwörungstheorie. Das ist keine Spekulation. Es sind dokumentierte Fakten.“ Im Split-Screen sieht man eine Schlagzeile, die Gabbards Vorschlag hervorhebt, Obama und andere Offizielle wegen ihrer vermeintlichen Beteiligung an dem angeblichen Plan strafrechtlich zu verfolgen.

Passend zum Thema der Verfolgung politischer Gegner postete Trump auch eine Bildcollage im Stil des Vorspanns der Fernsehserie „The Brady Bunch“, in deren Mitte „The Shady Bunch“ steht. Die Collage zeigt mehrere prominente Demokraten aus der Obama-Ära in orangefarbenen Overalls. Mit Polizeischildern in den Händen. Als würden sie für ein Fahndungsfoto posieren. Abgebildet sind Obama. Die ehemaligen UN-Botschafterinnen Samantha Power und Susan Rice. Der frühere stellvertretende nationale Sicherheitsberater Ben Rhodes. Ex-FBI-Direktor James Comey. Und der ehemalige CIA-Direktor John Brennan.

Ein weiteres KI-generiertes Bild, das der Präsident teilte, zeigt mutmaßlich gefesselte Abgeordnete, die vor dem Kapitol marschieren. Mit der Bildunterschrift „BIS DAS PASSIERT, ÄNDERT SICH NICHTS.“ Außerdem schrieb er am Sonntag, dass Senator Adam Schiff (D-Kalifornien), ein langjähriges Ziel Trumps, den er kürzlich des Hypothekenbetrugs beschuldigte, „den Preis der Gefängnisstrafe für ein echtes Verbrechen zahlen“ solle. „Nicht für eines, das von korrupten Anklägern erfunden wurde!“

Damit niemand vergisst, dass der Präsident ein 79-jähriger Mann ist, der süchtig nach seiner eigenen Social-Media-Plattform ist, veröffentlichte Trump zur Auflockerung zwischendurch ein „Top-25“-Video mit längst veralteten viralen Clips. Unterlegt mit generischer Rockmusik. Ein bizarrer Ausreißer inmitten der autoritären KI-Flut.

Ablenkung von Epstein – oder Teil eines autoritären Plans?

In gewisser Weise versucht Trump offenbar, von den wochenlangen Folgen seiner Regierungsentscheidung abzulenken, Akten zur Epstein-Ermittlung zu unterdrücken. Ein Thema, das die höchsten Ebenen der Bundesregierung zu zerreißen droht. Und das den Präsidenten so sehr beschäftigt, dass er persönlich versucht, den „MAGA-Aufstand“ niederzuschlagen. Trump scheint verzweifelt darauf bedacht zu sein, die nationale Diskussion zurück auf seine offen faschistischen Pläne zur Bestrafung politischer Gegner anhand haltloser Erzählungen zu lenken. Während er gleichzeitig von allen großen Privatunternehmen verlangt, exakt nach seinem Willen zu handeln.

Trumps Wunsch, Obama in einem Gefängnis-Overall zu sehen, ist zwar alles andere als wahrscheinlich. Insbesondere angesichts der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur präsidialen Immunität, die Trump erheblich begünstigt. Doch es wäre ein Fehler, seine wiederholten Andeutungen auf Truth Social und anderswo zu den autoritären Plänen seiner Regierung als bloße Ablenkung von Epstein abzutun. Denn seine Regierung hat bereits bewiesen, dass sie bereit ist, jene faschistischen Fantasien, die Trump dort andeutet, tatsächlich zu verfolgen.

Medien, Unternehmen, Comedy – alles unter Druck

Am Wochenende forderte Trump in seinem Wutposting auch mehrere Profi-Sportteams dazu auf, ihre „rassistischen Namen“ wieder einzuführen. Das tat er nach sechs Monaten, in denen er immer wieder demonstrierte, wie bereitwillig er die Bundesregierung korrumpiert einsetzt, um privaten Unternehmen das Leben schwer zu machen, wenn sie nicht seinem Willen folgen.

Ende letzter Woche feierte Trump höhnisch die Absetzung von „The Late Show“, moderiert von Stephen Colbert. Ein häufiger Trump-Kritiker. Die Absetzung erfolgte vor dem Hintergrund der geplanten milliardenschweren Fusion des Mutterkonzerns Paramount mit Skydance. Ein Deal, von dem Trump und seine Regierung deutlich gemacht haben, dass sie ihn jederzeit scheitern lassen könnten. „Ich liebe es absolut, dass Colbert gefeuert wurde“, postete Trump am Freitag. „Ich höre, Jimmy Kimmel ist der Nächste.“

Seine Spitze gegen Kimmel, der eine Late-Night-Show bei ABC moderiert, ist ebenfalls keine bloße Ablenkung. Mehrere hochrangige Beamte der Trump-Regierung erklärten gegenüber ROLLINg STONE seit Monaten, dass der Präsident sehr ernsthaft – und wiederholt – darüber gesprochen habe, wie er Regierungsmacht und den Einfluss der FCC nutzen könnte, um große Medienunternehmen zu bestrafen. Oder sogar seine Gegner in der Late-Night-Comedy zum Schweigen zu bringen.

„Pfunde Fleisch“

Bereits in seiner ersten Amtszeit wollte Trump, dass das Justizministerium gegen NBCs Saturday Night Live und andere Shows vorging, die ihn verärgerten, und er wies seine Mitarbeiter im Weißen Haus an, Disney unter Druck zu setzen, Kimmel zu zensieren. Nichts davon wurde umgesetzt – teils, weil einige seiner hochrangigen Mitarbeiter einfach abwarteten, bis er das Interesse verlor. In seiner zweiten Amtszeit ist Trump jedoch fast ausschließlich von Gefolgsleuten umgeben, die entschlossen sind, seine autoritären Fantasien so weit wie möglich umzusetzen.

Tatsächlich sagen mehrere aktuelle hochrangige Trump-Beamte, der Präsident und sein Team fühlten sich „bestärkt“ durch die Vielzahl an großen Konzernen und privaten Organisationen, die sich in den letzten Monaten seinem Willen beugten. Ein Trump-Berater meinte, die „Pfunde Fleisch“, die Team Trump bereits aus Unternehmen wie Paramount Global und CBS herausgeschnitten habe, seien deutlich größer als erwartet.

Die Lektion, die dieser Präsident und seine engsten Vertrauten lernen, ist: Sie kommen damit durch – und es nützt ihrem autokratischen Projekt, die Grenzen weiter zu verschieben. Und das gilt auch in den Wochen, in denen Trump nicht will, dass man über seinen ehemaligen Freund Jeffrey Epstein spricht.