Turtle Bay Country Club – Der Idealist

Als Matthias Arfmann in den achtziger Jahre mit den Kastrierten Philosophen auftrat, ein bisschen als die deutschen Velvet Underground, wollte er sicher nicht so gesehen werden: zurechnungsfähig, verantwortungsvoll, Typ Papa. Die Kinder von heute kennen ihn als Mentor der Absoluten Beginner, als Entdecker von Patrice, als väterlichen Freund und Produzenten von Beginner Jan Eißfeldt. Sein Apfelspeicher-Studio im Hamburger Vorort Neuenfelde hat viele Besucher, und Arfrnann sitzt dort, knapp 40, wie Lee Perry in se iner Black-Ark-Bude – völlig unterschiedliche Typen, aber dasselbe Prinzip, dass der Produzent nicht Handlanger ist, sondern der Platte eine eigene, ideologische Zusatzspur verleiht.

Arfrnann war es, der Jan Eißfeldt alias Jan Delay bei seinem linken Reggae-Album unterstützte und ihm doch zuredete, den Text von „Söhne Stammheims“ zu entschärfen. Das zweite Patrice-Album hat er nicht mehr gemacht – er hatte sich schon selbst diskreditiert, als er der englischen Columbia schrieb, dass er eine Kollaboration zwischen Patrice und Wyclef Jean unsinnig und langweilig fände. Für „wirtschaftlich dumm, aber künstlerisch wichtig“ hält er die Entscheidung, auch die Zusammenarbeit mit den Beginnern für die Arbeit am neuen Soloalbum drangegeben zu haben. Turtle Bay Country Club nennt er sich, die Platte heißt“ UniversalMotistershark“ und kommt, wie vermutet, beim Universal-Label Motor. Vbm Dub älterer Turtle Bay-Platten hört man wenig, denn Arfmann sagt: „Der Dub ist wie Blitzbeton. Man steckt drin, findet es geil und kommt nie mehr raus.“ „Monstershark“ ist mehr eine Black-Pop-Platte, von Arfinann mit dem Understatement komponiert, programmiert und gespielt, das man allen europäischen Produzenten schwarzer Stilrichtungen wünschen muss. Freunde aus aller Welt waren in Neuenfelde, zum Beispiel der Bassist Mahmoud Gania aus Marokko, von dessen einwöchiger Session Arfmann nur acht Takte verwendete – Produzenten tun sowas. Dass ein Mensch mit einem politischem Gerechtigkeitssinn wie Arfrnann mit dieser Rolle manchmal Probleme hat, versteht sich von selbst.

Um das fünfstellige Videobudget vernünftig zu nutzen, subventionierte Arfmann damit einen Dokumentarfilmer, der bei den Plattenaufnahmen dabei war und auch Universal-Chef Tim Renner zum Thema Turtle Bay befragte. Renner kennt Arfrnann seit 18 Jahren und hat selbst das einzige Kastrierte Philosophen-Video „Love Factory“ gedreht. Viel ist seither passiert. Was Renner vor der Kamera gesagt hat? „Irgendwas von ‚linksaußen‘, und dass man so einen wie mich auf dem Label brauchte“, sagt Arfmann.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates