Peter Frankenfelds Erben

Die gute Nachricht für Franz Müntefering: Der Nachkriegs-Swing kommt zurück!

Es muß wieder ein Ruck durch Deutschland gehen, aber anders als damals beim krachledernen Bundespräsidenten Herzog, der die Folgen seiner legendären Hotel-Adlon-Rede heute etwa so beschreibt: Es ist nichts passiert, ein bißchen ist passiert, es muß mehr passieren. Wider den Defätismus, wider die grimmigen Mienen, die Politikverdrossenheit, die Konsumzurückhaltung, die Amtsmüdigkeit! Von dem wunderbaren Alexander von Schönburg in der Kunst des stilvollen Verarmens unterwiesen, wissen wir natürlich, daß heute jeder, der noch Arbeit hat, ein Außenseiter der Gesellschaft ist, scheel angesehen vom Rest der Bevölkerung, der schon umgesattelt hat auf subventionierte Freizeit. Während die Busse mit polnischen Spargelstechern und selbständigen Handwerkern aus Portugal an unserer Haustür vorbeifahren, ahnen wir, daß Globalisierung nicht bloß eine Katastrophe ist. Die Krise als Chance! möchte man rufen, und: Würde unter Druck!

Zeichen der Erneuerung kommen ausgerechnet aus der Plattenbranche, die seit Jahren als Rekordverlierer unter den Gewerben verspottet wird. Hier ist es schon, das Wirtschaftswunder II, mit Juli, Silbermond, Annett Louisan, Sido, Stefan Gwildis, Klee, Virginia jetzt! Endlich sind die Erfolge wieder hausgemacht, die Investition bleibt im Land, und an Export ist nicht einmal zu denken. Hinzu kommen bewährte Leistungsträger, die vormalige Avantgarde des deutschen Liedes: der sympathische Barde Sasha, der Theologe Xavier Naidoo, der Humorist Michael Mittermeier und sogar ein treuer Ausländer, der exilierte Ire Ray Garvey, Sänger der schwäbischen Band Reamonn. Eben jene erfreuten uns kürzlich mit einem „Tribute To The Rat Pack“ in der Frankfurter Festhalle.

Nun kannte das versammelte Publikum von Gauklern, Fernsehsternchen, Schaustellern und Adabeis sicher das Sixpack, nicht unbedingt aber jene trinkfreudige Herrenrunde, die einst Humphrey Bogart gegründet hatte und die Frank Sinatra weiterführte. Immerhin hatte Robbie Williams mit seinem Album „Swing When You’re Winning“ vor fünf Jahren den Hut vor den alten Schwerenötern gezogen; neuerdings reüssiert Michael Buble, Paul Anka verswingt „Smells Like Teen Spirit“; auch rief Steven Soderberghs Remake von „Ocean’s Eleven“ die Zeit in Erinnerung, als Smoking, Fliege und Hut auch kleinen Ganoven automatisch Glanz verlieh. „Ocean’s Twelve“, Soderberghs Fortsetzung vom letzten Jahr, setzte sogar neue Maßstäbe für Glamour und Lässigkeit: An Urlaub, ja an private Parties erinnere der fertige Film, aufgenommen mit der Amateurkamera, entnehmen wir der Fachpresse, und Schauspieler wie George Clponey, Julia Roberts, Brad Pitt und Matt Dämon hätten womöglich gar nicht richtig gearbeitet, sondern auf Clooneys Anwesen in Italien edle Weine verköstigt! Das Hollywood-System unterlaufen!

Aber zurück zum „Tribute To The Rat Pack“: Recht rührend mühte sich Michael Mittermeier (in der Rolle des Joey Bishop) als Conferencier und Witzbold, ehe Sasha, Xavier und Ray so beliebte Evergreens wie „The Lady Is A Tramp“, „I Get A Kick Out Of You“ und „Witchcraft“ croonten, und das auch noch überwiegend unpeinlich. Man kenne sich, so Mittermeier, wirklich auch privat und treffe sich öfter zum Feiern (das Prinzip Soderbergh!), und also könne man mit vollem Recht Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis jr. imitieren. Wurscht, daß keiner der Darsteller die Nonchalance, die Arroganz und die Misogynie der Vorbilder verströmte, zu schweigen vom lebenssatten Altherrenwitz und der schmierigen Anekdote. Mittermaier sudelte wie stets, aber das Unanständigste des Trios ist entweder Naidoos notorische Frömmelei oder Garveys Bart.

Gleichwohl amüsierte man sich maßvoll, übrigens für die schöne Stiftung „Saving An Angel“. Und dachte weniger an das Rat Pack von Las Vegas als an jene seligen Tage, als Deutschland noch glücklich war, als Hans Rosenthal, Hans-Joachim Kulenkampff und Peter Frankenfeld den Samstagabend bestimmten und die Globalisierung „Toast Hawaii“ hieß. Der Humor war bieder, gelacht wurde bei dem Wort „Puff“, und der Chef war noch Respektsperson und Gegenstand von Witzen. Helmut statt Harald Schmidt! Und einen Schluck auf Harald Juhnke, unseren Sinatra!

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