Gossen-Poet

Damien Dempsey vereint irischen Folk mit Dub-Reggae und Agitprop

Boxen bringt einen weiter. Damien Dempsey weiß das. Als 16jähriger ist er noch für Dublin in den Ring gestiegen. „Ein Musiker kann von einem Boxer Disziplin lernen“, sagt er. „Die braucht man nämlich, wenn man Lieder schreiben will.“ Während der Mann aus Donaghmede im Norden Dublins nun Irish Folk mit Reggae, Rap, Blues und Soul auffrischt, hat er sich für eine Boxkarriere als doch nicht diszipliniert genug erwiesen. Schuld seien „Guinness and girls“. behauptet er, den Klischee-Iren spielend.

Bier und Mädchen sind nur die halbe Wahrheit. Die andere, daß sich Damien Dempsey bei einem Straßenkampf mal in die Zunge gebissen hat, drei Wochen kein Wort rausbrachte und merkte, daß er zwar ohne das Boxen, nicht aber ohne das Singen leben kann. Der Zunge geht es längst wieder gut, und „Skats“ stieg in Irland gleich auf Platz eins in die Charts ein.

Trotzdem wagt sich der 28-Jährigc immer noch nur ungern aus der Deckung. Daß ihn eine Zeitung als „Irlands Bob Dylan“ bezeichnet hat, findet er peinlich („So was setzt einen bloß unter Druck.“). Der Bob, den er am meisten verehrt, trägt aber den Nachnamen Marley.

Auch wenn er auf „Shots“ seltener im Reggae-Fundus wühlt als auf dem Vorgänger „Seize The Day“, verbindet Dempsey mit Marley, daß bei ihm Poesie und Protest gemeinsame Sache machen: mal parolenlastig in „Colony“ („You’ll never kill our will to be free“), mal lyrisch verschachtelt in der Adoleszenz-Impression „Spraypaint Backalley“, die Momentaufnahmen vom Leben in der Gosse einfängt und von einem Jungen erzählt, der sich den Schnauzbart nicht abrasieren will, weil er dann wieder ein Kind wäre. „We all live in the gutter but some of us are looking at the stars“, singt Dempsey, der findet, ein Sänger sollte ein kluger und spiritueller Mensch sein. „Spirituell bin ich auf jeden Fall. Daß ich klug bin, würde ich zwar nicht behaupten. Ich gebe mir aber Mühe.“

Mit dieser Einstellung hat er sich bereits viele prominente Freunde eingehandelt. Christy Moore, Shane MacGowan und Sinead O‘ Connor schwärmen von ihm. Und Morrissey hat ihn mit auf US-Tour genommen: .Jeden Abend stand ich allein mit meiner Gitarre vor etwa 6000 Leuten, die alle nicht wegen mir da waren.“ Doch als Boxer hat er gelernt, nicht so schnell k.o. zu gehen.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates