Happy Ending

Nach einem desaströsen Debütalbum fand die Britin Nerina Pallot in Kalifornien neues Glück

Sie war 2001 die nächste große Songwriterhoffnung aus England: Nerina Natasha Georgina Pallot, Tochter eines britisch-französischen Vaters und einer indischen Mutter. Hübsch, popbegabt, eine pflegeleichte Version von Fiona Apple. „Dear Frustrated Superstar“ hieß ihr Debüt, und es endete im Desaster. Die Hits blieben aus, und die Plattenfirma Universal zog flugs den Stecker in klassisch übler Manier. Man kommunizierte nur noch übers Management, Kollegen ignorierten Pallot öffentlich. „Ich sah ein Piano und bekam Angst“, beschreibt sie die folgende Depression. Fanden die Finger doch wieder die Tasten, „dachte ich mir alles Mögliche aus, warum der Song nur Mist werden könnte“.

Fürs mentale Wiederaufbauprogramm engagierte ihr Songverlagsmann die Ex-Prince-Gefährtin Wendy Melvoin, die Pallot auch schon mal „weinend auf dem Bürgersteig“ ertrug und „mir mein Selbstbewusstsein zurückgab“. Überhaupt tat der Engländerin, die auf der Kanalinsel Jersey aufwuchs, L.A. gut. Es gab kaum Ablenkung, weit niemand da war, der „mal eben auf einen Tee vorbeikommt“, dazu ein „strengeres Arbeitsethos“.

Meine Frage, ob es der verständlicherweise gegenüber dem Musikbusiness etwas misstrauischen Pallot auf ihrem zweiten Album „Fires“ nun leichter gefallen sei, sich selbst zu produzieren oder erneut Vertrauen zu einem Produzenten zu fassen, sei die schwerste, die ihr jemals gestellt worden sei, sagt sie und überlegt sehr, sehr lange. Mag daran liegen, dass ihr Produzent Howard Willing, der zuvor schon mit den Smashing Pumpkins, den Wallflowers und Sheryl Crow arbeitete, mittlerweile auch ihr Gatte ist.

Nach bestimmt 20 Sekunden hat die zuvor immer sofort lossprudelnde Pallot dann aber eine Antwort gefunden. „Diese Enttäuschung, wenn ich mich selbst produziere, ist unerträglich. Weil ich dann nur noch meine Ideen sehe und dabei den Song aus den Augen verliere. Wie bei der ersten Version von ‚Idaho‘. Ich hatte gerade eine neue Gitarre samt Effekt-Pedal und wollte ‚Dark Side Of The Moon‘ daraus machen. Aber Howard sagte nur: Warum ruinierst du den armen Song?‘ Ich dachte, er reißt dem Song das Herz raus. Dabei hat er mir nur ein Desaster erspart!“

Der lange Aufenthalt in Kalifornien hat sich also vollauf gelohnt und hat außerdem den Blick auf die heimische Insel geschärft. „England hat die schöne Gewohnheit, die wirklich beschissenen Seiten der Menschheit zu feiern“, sprudelt sie jetzt wieder. „Sie sind besessen von Pete Dogherty, der nichts weiter ist als ein drogensüchtiges Arschloch. Wenn er drei Songs am Stück durchsteht, ist das schon erstaunlich. Aber so was ist echt cool in England.“

Vielleicht sollte die 31-Jährige einfach mal wieder für ein paar Wochen ins Heimatland ihrer Mutter reisen, so wie sie das als Teenager regelmäßig gemacht hat. „Das war sehr befreiend für mich, weil Pop-Kultur dort überhaupt keine Rolle spielte. Auf Jersey suchte ich mir immer die falsche Band aus: Standen alle auf Spandau Ballet, sagte ich garantiert Duran Duran. In Indien kümmerte so was niemanden.“

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