Milchschnitten

In Schul-Raucherecken und Studi-Foren trifft die junge Band Fertig, Los! ihre oft noch jüngeren Fans

Marketing-Profis wissen: Man muss die Zielgruppe da abholen, wo sie steht. Fertig,Los! haben das wörtlich genommen. Mit einen LKW, der auch als Bühne diente, hat die junge Münchner Band unlängst Deutschlands Schulhöfe bespielt. Zur großen Pause servierten die Musiker prächtige Gitarrenwände und flotten Pop-Rock im Stil von Selig – alles irisch vom Debütalbum „Das Herz ist ein Sammler“.

Der Titel stammt aus einem Roman von Bodo Kirchhoff. Philipp Leu, der Songwriter und Anführer der Band, gibt sich gerne ein wenig nachdenklich. Früher wollte der 24-Jährige Professor für Kunstgeschichte werden, doch inzwischen hat er sein Studium abgebrochen – es gibt jetzt Wichtigeres. Flo, Raphi und Julia sehen das ähnlich. Das Abi haben sie eben hinter sich gebracht, die Uni kann warten: „Wir opfern… nein, wir spenden jede freie Minute für die Band, denn wir wollen unbedingt, dass das funktioniert“, sagt Philipp, und man spürt, dass er einen Lebensplan hat.

Die gradlinigen, sehr melodischen Stücke von Fertig, Los! sind das Vehikel für seine Gefühle und Gedanken: „Wenn man wollte, könnte man die Songs mit einer akustischen Gitarre spielen, und es wäre dennoch alles Wesentliche enthalten. Ein paar Details würden verloren gehen, zum Beispiel der Nazi-Marsch bei ,Links, Rechts, Links‘. Wie alle unsere Stücke hat auch dieses einen autobiografischen Hintergrund. Damals war ich in der sechsten oder siebten Klasse und politisch noch grün hinter den Ohren.“

Die Fans stört das kein bisschen, viele sind noch minderjährig und schon vor dem Erscheinen des Albums ganz schön aus dem Häuschen: „Wuuuuuu! das lied is tollo!“ freut sich auf der My Space-Seite ein Mädchen über „Das Geheimnis“. Der als Single ausgekoppelte Song ist wohl der eingängigste des Albums und handelt von der Entstehung eines Trends. Ein wichtiges Thema, glaubt Philipp, der es gut findet, wenn Firmen den Launch ihrer Produkte wie ein Geheimnis inszenieren. So wie damals, als alle rätselten, wer wohl die mysteriöse Alice sei. Inzwischen hat Philipp es herausgefunden, und mehr noch: „Wenn man immun ist, wird man irgendwann humorlos und hat auch keinen Spaß mehr am Leben.“

Und Spaß wird bei Fertig, Los! ganz groß geschrieben. Die Vier sehen niedlich aus, wenn sie bei Konzerten die klassischen Posen einnehmen, sich lässig zurücklehnen und im Beat wiegen. Gelegentlich muss man an Bands wie Anajo oder Revolverheld denken, an eine neue Kuscheligkeit im Rock. Die Produzenten Jem und Mario Thaler haben das im Weilheimer Uphon-Studio optimal in Szene gesetzt: kraftvoll, melodisch, auf eine freundlich harmlose Art nachdenklich. Wer allerdings auf die 30 zugeht, oder – oh Gott! – gar noch älter ist, wird bei Liedern wie „Sie ist in mich verliebt“ vielleicht etwas vermissen. Musikalisches Risiko, möglicherweise. Eine eigene Haltung oder ein paar Songthemen, die noch nicht in „Neon“ standen. Aber auf den Schulhöfen dieses Landes scheint man Fertig, Los! zu mögen. Das zählt.

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