Rare Trax
Das Image der sogenannten Weltmusik ist nicht das beste. Nicht immer zu Recht, wie folgende Beispiele für eine geglückte Pop-Globalisierung beweisen.
01 Popmusik aus China klingt anders als Popmusik aus Dänemark. Doch wer würde in dem Zusammenhang heute noch von Folklore sprechen? Dennoch verbinden sich nationale Eigenarten mit globalisierten Trends. Ob das jetzt Weltmusik ist oder „Neue Weltmusik“, wie man in letzter Zeit gerne sagt, soll uns hier nicht interessieren. Fest steht: der Austausch ist längst ein wechselseitiger und die Ergebnisse können sich hören lassen.
01 „Sex-O-Matic“ von den brasilianischen Baile-Funkern EDU K & DEIZE TIGRONA klingt nach lustvollen Electro-Schocks und treibt das Erbe von Tone Loc bis zum Äußersten. Im dazugehörigen Video gerät ein Zuschauer zwischen die üppigen Hinterteile zweier Tänzerinnen und wird regelrecht verprügelt von den drallen Backen. Aber seine Augen leuchten voller Glück.
02 In der Wüste zwischen Mali, Niger und Algerien geht es weniger sündig zu. „Outamachek“ vom Debütalbum der Tuareg-Band TAMIKREST wiegt sich leicht und lasziv wie in Trance, ist dabei aber nachdrücklich und fordernd. Delirierende Gitarren und Gesänge von wilder Schönheit ergänzen das Klangbild.
03 Vier alte Männer in Rollstühlen und ein 18-jähriger an einem selbstgebauten Saiteninstrument bilden das Zentrum einer Band aus dem Kongo, die letztes Jahr völlig zu Recht den Womex Award erhielt: „Je T’Aime“ von STAFF BENDA BILILI basiert vage auf dem Beat von „Sex Machine“.
04 Drei israelische Musiker, die in New York leben und bei Gogol Bordello und Firewater spielten, mixen Klezmer, Punk und Dub mit den Volkstänzen des Balkan. Der Name BALKAN BEAT BOX ist dabei ebenso Programm wie der Titel „Move It“.
05 Wer Fatih Akins Dokumentation „Crossing The Bridge“ gesehen hat, kennt auch BABA ZULA. Das Trio aus Istanbul legt schwere Bässe über komplexe orientalische Rhythmen und hat dabei eine starke Affinität zum Dub. „Eternal Is The Word Of Poets“ wird übrigens nicht von einer Türkin gesungen, sondern von der kanadischen Folksängerin Bremma MacCrimmon.
06 Bei DENGUE FEVER trifft feinste amerikanische Westcoast-Psychedelik auf den lieblich exotischen Gesang der kambodschanischen Sängerin Chhom Nimol. Mit „Seeing Hands“ zeigt sich das Septett aus L. A. in Bestform: Kreiselnde Gitarren, ein dichter Rhythmusteppich, Farfisa-Orgel und dieser wie Honig schmelzende Gesang. Fast möchte man Drogen dazu nehmen.
07 Ohne große Marketingkampagnen haben sich FAT FREDDYS DROP aus Wellington in Neuseeland in die Herzen der europäischen Reggae-Fans gespielt. „This Room“ zeigt die Komplexität und Raffinesse, mit der die sieben Musiker das Genre mit neuem Leben erfüllen. „Based On A True Story“, das Album, von dem der Song stammt, hielt sich 107 Wochen in den Charts und wurde siebenmal mit Platin ausgezeichnet.
08 UP, BUSTLE AND OUT reisen schon seit Jahren durch die Welt und die unterschiedlichsten musikalischen Stile. Nach Jamaika, Mexiko und der Türkei beschäftigt sich die Band aus Bristol hier mit Musik aus Kolumbien. „Beach Combing“ klingt tatsächlich nach Strand und entspannter Zeitvergessenheit. Der Gesang stammt von Andrea Echeverri von der kolumbianischen Band Aterciopelados, die 2007 den Latin-Grammy erhielt.
09 Pascal Heni spricht nicht besonders gut Hindi und Bengali. Doch das hält den Franzosen nicht davon ab, als PASCAL OF BOLLYWOOD indische Filmmusik zu interpretieren – so farbenprächtig und mitreißend als wär’s ein Shah-Rukh-Khan-Movie. „Jalwa Jalwa“, stammt aus dem Film „Hindustan ki kasam“ und wurde wie alle Songs des Debütalbums eingespielt vom Bollywood Film Orchestra und arrangiert vom legendären Pyrelal.
10 Aus der inneren Mongolei kommt die Sängerin SA DINGDING, die als eine Art chinesische Björk gilt. „Hua“ enthält allerdings auch viele traditionelle Elemente, die sich hier zu einem emotionalen Taumel verdichten. Der Produzent Marius De Vries – er hat mit Rufus Wainwright gearbeitet und den Soundtrack zu „Moulin Rouge“ geschrieben – zieht alle Register. Und über allem schwebt diese Stimme, die klingt wie nicht von dieser Welt.