Kinostart der Woche II: „Carlos“

Olivier Assayas fünfstündiges Epos über den Terroristen Ilich Ramirez Sánchez alias Carlos überzeugt vor allem durch sein furioses Tempo und das grandiose Schauspiel von Edgar Ramirez. Dagegen sieht der "Baader Meinhof Komplex" recht hölzern aus. Kritik und Trailer.

ber ein Jahrzehnt hielt Ilich Ramirez Sánchez unter seinem Kampfnamen Carlos die Welt in Atem. Der Venezolaner, wegen seiner Rücksichtslosigkeit auch „der Schakal“ genannt, gilt als Begründer des modernen Terrorismus und ist bis heute ein Mythos. In einem fünfstündigen furiosen Epos porträtiert der Franzose Assayas die schillernde Gestalt. Obwohl er sich dabei einige interpretatorische Freiheiten nimmt, um die dunkle Faszination dieses Charakters zu fassen, leuchtet er detailliert die komplexen Hintergründe und politischen Dimensionen jener Zeit aus.

Mit einem wilden Charisma, das an Jim Morrison erinnert, taucht Carlos (Edgar Ramirez) in der Studentenszene von Paris auf. Auch rhetorisch ein Verführer, manipuliert er Frauen, die in ihrer Wohnung für ihn Waffen verstecken. Anfang der 70er-Jahre verübt er erste dilettantische Attentate auf Israelis in London, nimmt auf dem Höhepunkt seiner Schreckenskarriere die OPEC-Minister in Wien spektakulär als Geisel und taucht schließlich in Osteuropa unter, bis er 1994 im sudanesischen Asyl verhaftet wird. Den Abstieg vom politisch motivierten Glücksritter zum wahnsinnigen Söldner vollzieht der überragende Ramirez auch körperlich. Anfangs spannt er eitel vorm Spiegel seine Muskeln, zuletzt ist er ein aufgedunsenes Wrack. Exzellent ist auch Nora von Waldstätten, die ihm als RAF-Terroristin Magdalena Kopp verfällt.

no description
Oliver Hüttmann

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates