Glen Campbell – Glen Campbell & Friends
Was es früher so im Fernsehen gab: Der Erzamerikaner, Wundersänger, Gitarren-Virtuose und Gelegenheitsschauspieler Glen Campbell kam 1975 nach London, um in sechs Teilen die „Glen Campbell Music Show“ für die BBC aufzuzeichnen, in aus Holz gezimmerten Kulissen steht Campbell vor bunten Scheinwerfern und einem virtuellen Orchester, die Klatschmaschine wird angeworfen, um Publikum zu simulieren; eine Band erscheint für einige Interludien. Der jeweilige Gast tritt erst auf, nachdem Campbell selbst gesungen und einige Bonmots herausgequetscht hat.
Die Sendungen mit David Gates, Seals & Crofts. Wayne Newton, Helen Reddy und Anne Murray wirken heute nur noch skurril und rührend, doch der Auftritt von Jimmy Webb gehört zu den wenigen Zeugnissen des amerikanischen Genies, dessen Songs Campbell mit unangestrengter Engelsstimme zu Hits machte. Nach der Ouvertüre „Up, Up And Away“ wird Webb am Piano ins Bild gerückt, im Halbschatten. Campbell kommt hinzu, das Orchester schmettert aufs Zeichen los, und schon entfaltet sich die Magie von „By The Time I Get To Phoenix“, „Galveston“ und „Wichita Lineman“. Vor „Didn’t We“ stellt Campbell perfide fest, dieser Song sei nie ein Hit gewesen, sondern auf dem „MacArthur-Park-Album“, und nun lässt er vollkommen beiläufig den Namen fallen: „Mr. Harris“ – sofort begreift man, was Campbell von dem irischen Schauspieler und Wüstling hält. Ein weiteres Country-Band-lntermezzo. dann erscheinen im Hintergrund drei Sängerinnen und drei Sänger für „MacArthur Park“, das in der Version eben von Richard Harris berühmt wurde. Bei der Rock-Jazz-Instrumentalpassage setzt Campbell plötzlich zu einem unglaublichen Gitarrensolo an (obwohl er. der Begnadete, die Inbrunst des Nicht-Sängers Harris nicht erreicht).
Der Ton ist schaurig, es gibt keine Programmliste und keine Wahlmöglichkeiten – aber etwas Besseres findet man so bald nicht.