#BackToLive: Interview mit Luxor-Chef: „Gibt keinen Nachweis, dass unsere Konzerte zu Infektionen geführt haben“

Wie man als großer kleiner Club überlebt – und was es dazu braucht, am Beispiel Luxor in Köln. Ein Interview mit dem Geschäftsführer Peter Debüser

Wie lief bei euch das Konzertjahr 2021?

Es begann im Oktober – zum ersten Mal seit 18 Monaten gab es wieder Konzerte. Maßgeblich dafür war das Programm „Neustart Kultur Eins“, das wir aus dem Frühjahr teils mehrfach verschieben mussten. Das Konzert am 15. Oktober mit der Kölner Band Klee sollte unser Re-Opening einleiten – mit lokalen Bands, aber auch Die Sterne waren da. Ursprünglich sollte dieses Konzept unter Pandemie-Bedingungen mit eingeschränkten Kapazitäten und Bestuhlung laufen. Das haben wir für den Herbst modifiziert. Die Bestuhlung wurde weggelassen. Stattdessen ein Start mit 3G und einem Hygiene-Konzept, abgestimmt und genehmigt vom hiesigen Gesundheitsamt. Das ging dann in 2G-Plus über.

Wie waren eure Erfahrungen damit?

Die Auflagen haben nicht die Atmosphäre gekillt. Für viele im Publikum wirkten diese eher beruhigend. Es gab eine gewisse Sicherheit, dass hier alles clean läuft. Das war weder behindernd noch abschreckend. So hätte man auf jeden Fall weitermachen können, es gab daran nichts Unverantwortliches. Umso schlimmer fühlte es sich an, wieder ausgeknipst zu werden. Obwohl wir alles dafür getan haben, die Bedingungen zu erfüllen. Es gibt hier keinen Nachweis oder eine Nachverfolgung, dass unsere Konzerte zu Infektionen geführt haben. Das Neustart-Programm war auf 20 Konzerte angelegt, ergänzt durch die ersten nachgeholten Termine. Es wäre ohnehin ein dünner Herbst/Winter gewesen, wo ja normalerweise Hochsaison ist. Stattdessen war Anfang Dezember wieder komplett Schluss.

In den politischen Entscheider-Gremien wurden Auswertungen der Luca-App herangezogen, laut der Bars und Clubs Hotspots sind.

Ist das wirklich aussagekräftig? Oft sind es nur Vermutungen, die dann zur „Datenlage“ werden. Wird jemand positiv getestet, der dabei einen Konzertbesuch als Möglichkeit nennt, werden pro forma Zigtausende vom Gesundheitsamt gewarnt. Im Einzelhandel oder in der U-Bahn passiert das wohl kaum.

„Wir sind erneut am Nullpunkt angekommen“

Wie geht es weiter?

Wir sind beim Hochfahren komplett ausgebremst worden. Statt hoffnungsvoll an einer Perspektive 2022 zu arbeiten, heißt es stattdessen erstmal bis April zum x-ten Mal umzuplanen. Seit Anfang Dezember haben wir bereits über 30 Konzerte und Partys absagen müssen, außerdem gebuchte Konzerte quer durchs Jahr verschoben. Eine Arbeit mit Sisyphos-Charakter. Wir hatten gerade angefangen neues Personal ins Spiel zu bringen. Jetzt muss ich alle wieder nach Hause schicken. Ohne ein Versprechen, wann es wieder losgeht. Wir sind erneut am Nullpunkt angekommen.

Seid ihr existenziell gefährdet?

Die Überbrückungshilfen, die über unsere Steuerberater und Wirtschaftsprüfer laufen, halten uns am Leben. Künstlich halt. Als Unternehmer wird man Experte für Anträge und Bürokratie; zu verdienen gibt es dabei nichts. Ich lebe von Rücklagen und den Einnahmen meiner Frau. Ich versuche den Betrieb hier am Leben zu halten, habe aber nichts davon. Das ist eine Mischung aus Idealismus und einer Verpflichtung gegenüber fast 40 Jahren Clubtradition. In der Vorausschau, dass es irgendwann besser wird, und wohlwissend, dass das Geld, dass man jetzt nicht verdient, erstmal verloren ist.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates