Bayern – Die Toten Hosen

Ihr Underdog-Image haben Die Toten Hosen in den letzten 26 Jahren ebenso ausgiebig und nachhaltig kultiviert wie ihre Liebe zum Fußball. Oft ging beides auch Hand in Hand: 1989 sammelten sie 150.000 Mark, damit Fortuna Düsseldorf den Verteidiger Anthony Baffoe verpflichten konnte. Von 2001 bis 2003 sprangen sie sogar als Hauptsponsor des maroden Regionalligisten ein – der Abstieg in die Oberliga Nordrhein konnte trotzdem nicht verhindert werden. Im Sommer 1990 berichteten sie für die, klar, „taz“ von der Fußball-WM in Italien, im Video zur zeitgleich erschienenen Single „Azzuro“ verkleideten sie sich als Deutschland-Fans auf Auswärtsfahrt. Dass die Band um Sänger Campino – was die Verkaufszahlen anging – damals schon auf dem besten Weg in die Champions League war, störte nicht weiter. Nur konsequent auch, dass kein Hosen-Konzert ohne „You’ll Never Walk Alone“ auskommt, die berühmteste alle Fußballhymnen. Und dass sie mit „Weltmeister“, ihrem Beitrag zur WM 2006, gegen „’54, ’74, ’90, ‚2006“ von den Sportfreunden Stiller keine Chance hatten? Geschenkt. Schließlich lieferten sie bereits 1999 ihren vielleicht besten, auf jeden Fall aber provokantesten Beitrag zum Thema Fußball ab: „Bayern“. In dem mild rockenden Song aus dem sonst eher mäßigen Album „Unsterblich“ heißt es unter anderem: „Es kann soviel passieren, es kann soviel geschehen. Ganz egal, wie hart mein Schicksal war, ich würde nie zum FC Bayern München gehen.“ Und weiter: „Was für Eltern muss man haben um so verdorben zu sein, einen Vertrag zu unterschreiben bei diesem Scheißverein?“

Man darf den Toten Hosen im Nachhinein sicher ein gutes Stück Kalkül unterstellen,schließlich spaltet bekanntlich kein Verein die Fußball-Nation so sehr wie der Millionärs-Club aus der Säbener Straße. Auch wenn Campino in einem Interview mit dem „Spiegel“ beteuerte: „Wir werden fußballmäßig sowieso nicht mehr für voll genommen, seitdem wir Repräsentanten eines Drittliga-Clubs sind.“ Dass sich die Tirade („Muss denn sowas wirklich sein? Ist das Leben nicht viel zu schön? Sich selber so wegzuschmeissen und zum FC Bayern zu gehen.“) zum Single–Hit auswuchs, der es immerhin auf den achten Platz der deutschen Bestenliste schaffte, lag aber sicher auch an der unfreiwilligen, mehr als medienwirksamen Unterstützung von Bayern-Manager Uli Hoeneß höchstpersönlich. Angesprochen auf den provokanten Song, polterte er gewohnt hemdsärmelig los: „Das ist der Dreck, an dem unsere Gesellschaft irgendwann ersticken wird.“ Eine bessere Promotion hätten sich Die Toten Hosen gewiss nicht wünschen können.

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