Bob Geldof: Wenn das Lebenswerk auf die Musical-Bühne kommt
Zum 40. Jubiläum von „Live Aid“ wirft der Spendenkonzert-Übervater einen skeptischen Blick auf die Welt von heute
Am Ende wird ein Musical daraus. Dieser Merksatz über die Verwertungskette im Showbiz gilt auch für das Charity-Spektakel „Live Aid“, das in diesem Sommer sein 40. Jubiläum feiert. Das mit Superstars besetzte Doppel-Konzert ging am 13. Juli 1985 im alten Londoner Wembley Stadion und in Philadelphia über die Bühne. Das erste große Popmusik-Happening per Satelliten-TV wurde weltweit von 1,9 Milliarden Menschen verfolgt. Eine Mega-Spenden-Gala für das Hungerhilfe-Programm in Äthiopien von Mastermind Bob Geldof.
Pünktlich zum Jubiläumstag im Juli kommt der legendäre Stoff nun zurück in den Londoner Theater-Bezirk Westend. Im Shaftesbury Theatre wird es eine Gala-Vorstellung von „Just For One Day – The Live Aid Musical“ geben. Die BBC baut eine Sondersendung drumherum. Eine neue Single-Kopplung aus dem Begleitalbum mit Coverversionen von Elton John bis Bob Dylan ist gerade erschienen.
„Hochfliegende Stimmen und pfannkuchenflache Charaktere“
Die Umsetzung als Revue konnte bereits Mitte Februar 2024 im ehrwürdigen Old Vic Theatre Premiere feiern. Die Musical-Experten zeigten sich durchaus begeistert. Die Musikkritik ätzte: „Hochfliegende Stimmen und pfannkuchenflache Charaktere“, titelte etwa der „Guardian“.
Im Vorfeld der 2025er-Feierlichkeiten hat sich Sir Bob Geldof (73) auf sein Fahrrad gesetzt und dem „NME“ ein Interview über sein „never ending project“ gewährt. Ihn würden weiterhin jeden Tag ein gutes Dutzend schrecklicher Nachrichten aus den Krisenregionen dieser Welt erreichen. „Das geht jetzt 40 Jahre so. ‚Band Aid‘ ist für mich eine lebendige Sache, die niemals aufhört. Und nun ist halt das Jahr der Jubiläen für mich.“
Seine irische Ex-Punkband Boomtown Rats wird 50, seine Frau, die Schauspielerin Jeanne Marine wird 60, „Band Aid“ 40, die Nachfolge-Version „Live 8“ 20. „Ich bin verdammt noch mal froh, wenn das alles vorbei ist, um ehrlich zu sein, so Geldof.
„Wie kann man da noch Aufmerksamkeit auf das lenken, was gerade im Sudan passiert?“
Wie war es für, sich selbst auf der Musical-Bühne zu sehen? „ Auch wenn man weiß, dass der Typ da oben man selbst ist, dauert es nicht lange, bis man ihn nur noch als FIGUR sieht. Man kann nicht denken: ‚Oh, er gibt mich nicht sehr gut wieder‘ oder ‚Das bin ich ja gar nicht‘, weil man sich selbst halt nicht von außen kennt.“
Auf die Frage, wo die Welt nach über vier Jahrzehnten seines Aktivismus steht, holt er zum Rundumschlag aus. Ein Bild auch der Ernüchterung. Als Langzeit-Aktion hätte „Live Ad/Band Aid“ rund 50 Milliarden Pfund für die ärmsten Menschen der Welt eingespielt. „So etwas ist nicht mehr möglich. Vor allem, weil die Menschen so verängstigt und erschöpft sind, dass sie kaum mehr die emotionale Bandbreite haben, um sich mit dem Terror in der Ukraine oder dem Horror in Gaza zu beschäftigen. Wie kann man da noch Aufmerksamkeit auf das lenken, was gerade im Sudan passiert?“
Über die Regierung Trump kann er nur den Kopf schütteln: „Es ist einfach unfassbar. Ich habe diese Länder viele Male besucht und bin zu oft durch die Schrecken der Welt gestreift. Es macht mich wahnsinnig zu verstehen, dass am 5. Februar 2025 die USAID-Webseiten abgeschaltet wurden, so dass in Kenia mindestens zehntausende von Gesundheitsarbeitern sofort und ohne Vorwarnung ihren Job verloren und die Folgen am nächsten Morgen in den Krankenhäusern zu sehen waren.“
Bei einer Aufführung des Live-Aid-Musicals hätte er in der Lobby gestanden und den Leuten zugehört: „Sie sagten; ‚Warum macht nicht wieder jemand so etwas? Irgendjemand wird es tun.‘ Ich bin aber da skeptisch.“ Er und sein Team hatte damals halt das Glück und das Momentum auf ihrer Seite gehabt. „Die gesellschaftliche und politische Konstellation machte es möglich!“