Brooklyn Funk Essentials und „Intuition“: Funk ist noch lange nicht am Ende

Das umtriebige Musikkollektiv weiß nach wie vor um den Zauber eingängiger Grooves und wünscht die Zeit der Entbehrungen hinfort.

Vielleicht behauptet sich der Funk schon deshalb so wacker gegenüber jedem Funken neuer musikalischer Moden, weil er selbst ein Nebenprodukt des Zeitgeistes in den 60ern und 70ern war. Als Hybrid aus R&B, Soul, Jazz und Blues, angetrieben von der sexuellen Befreiung auf dem Dancefloor und nicht zuletzt von politisch sehr ernsten Themen wie Rassismus, Diskriminierung und sozialer Ungerechtigkeit angetrieben, blieb das Genre immer mehr als nur eine Aufforderung, die Hüften zu bewegen.

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Brooklyn Funk Essentials sind diesen Wurzeln des Funk seit ihrem Debüt „Cool & Steady & Easy“ im Jahr 1995 treu geblieben, erweitern diesen Horizont aber um mächtige Acid-Jazz-Versatzstücke und seit Alison Limerick als Sängerin und Songwriterin mit an Bord ist auch um eine Lässigkeit im Ausdruck, die sie zu einem weltweit gefierten Live-Act macht.

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Dem siebten Album, „Intuition“, hört man dabei die unangestrengte Suche nach coolen Grooves und Melodien wie bei den Isley Brothers und Maceo Parker an. Es ist eine Befreiungsplatte geworden, auch mit Blick auf die sich ewig dehnende Corona-Zeit. Weg mit den Lockdowns und her mit einer Welt, in der Berührungen wieder geboten sind, davon erzählt etwa „Rollin’ (Love Will Be Here)“. „Mama“ feiert mit schwerer Posaune im Dub-Gewand und Spoken-Word-Zeitlupengesang die unbändige Kraft von alleinerziehenden Müttern. Und „Unkissed“, das herrlich zwischen süßlichen Gesangspassagen und stürmischem Bläsereinsatz hin und her schwingt, denkt laut darüber nach, wie es ist, wenn die Liebe im Alltag schweigend ausharrt, anstatt sich lautstark bemerkbar zu machen.

All das mag im Angesicht der brodelnden Welle von Neo-Funk und Neo-Soul etwas konservativ und vorsichtig auf alten Pfaden entlang tänzelnd daherkommen, aber es ist eben auch Absicht, weil es die Zeitlosigkeit des Funk als Musik für alle zelebriert und als geschwungene Thematisierung von Problemen hochhält, die jeden angehen, und zwar in dem Sinne, dass sie nur dann verschwinden, wenn sie von Gemeinschaften und nicht von Einzelnen angegangen werden.

Alte Schule

Die Band verfolgt dabei einen organischen Ansatz, verzichtet fast komplett auf Technik (was ihre Jams und Vertrödeleien, wie im Opener „Scream!“, sehr authentisch erscheinen lassen). Bandleader Lati Kronlund, der seine Formation Anfang der 90er aus einem Haufen Sessionmusikern zusammenstellte und sich dem ungeschminkten Funk vor allem deshalb widmete, weil er bei den meisten 80er-Aufnahmen dieser Musik eine herbe Seelenlosigkeit der Produktion feststellte, sagt dazu: „Ich habe das Gefühl, dass ich mich früher hinter Computern und Drumcomputern versteckt habe, aber nach 30 Jahren jammen wir einfach, bis wir den Groove spüren, und dann nehmen wir es auf. Alte Schule.“

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Übersetzt heißt dies auch, dass es sich lohnt, den Dingen, die einen geprägt haben (Kronlund: „Wir wissen, dass die Musik, die uns zum Spielen inspiriert, immer noch Sachen wie Grace Jones, Sly Stone, Patrice Rushen und Roy Ayers sind“) gerade dann treu zu bleiben, wenn die Zeiten schwerer werden. Dafür braucht es die Kraft der Intuition – und eben auch viel Selbstvertrauen.

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