CHRIS WHITLEY – Dirt Floor

Wo das Budget gegen Null tendiert hängen auch die Erwartungen tief. Das ideale Ambiente, um Selbstzweifel zu besänftigen, einer kriselnden Identität Bodenhaftung zu verschaffen. Nach dem Abschied von Sony, der nach dem desolaten Album „Terra Incogtiita“ kaum mehr verwundern konnte, ist die lange künstlerische Odyssee des Chris Whitley wieder da angelangt wo sie einst begann. In einer alten Autowerkstatt in Vermont wo Produzent Craig Street (k.d. lang, Cassandra Wilson) nur ein Mikro aufbauen mußte. Für einen Mann, eine National-Gitarre, ein Banjo.

An einem Tag im Dezember ’97 wurden dort neun Songs für „Dirt Road“ aufgenommen. Damit geht der weitgereiste Texaner stilistisch noch hinter sein gefeiertes 91er-Debüt „Livig With The Law“ zurück, das immerhin Daniel Lanois mit hauseigener Atmosphäre impfen durfte. Und macht doch einen gewaltigen Sprung nach vorn. Denn nach all dem faulen, verzweifelten Feedback-Zauber der jüngeren Vergangenheit gibt „Dirt Road“ den Blick endlich wieder frei auf einen Songwriter, der formale Präzision und eine lebendige Bildersprache mustergültig vereint.

So sind Chris Whitley einige der schönsten Songs seiner bewegten Karriere gelungen. „Accordingly“ etwa, das vom Zweifel erzählt, aber doch auch eine Hymne ist auf die potentielle Macht einer Liebe, die selbst geschäftige Businessmänner in sanft schlummernde Babies verwandeln könnte. Oder das Rendezvous auf dem „Dirt Floor“, eine tröstliche Hängematte „when changes fail“.

Willkommen zu Hause, Mr. Whitley! JÖRG FEYER

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