COSTELLO & BACHARACH

Der Grandseigneur und der nicht mehr ganz junge Wilde sind ein Paar fürs Bilderbuch. Die Tour des Songschreiber-Gespanns Costello & Bacharach umfaßt fünf Auftritte, und der letzte findet in der unköniglichen, aber dennoch eindrucksvollen Royal Festival Hall statt: ein Bunker aus den späten 60er Jahren, funktional und vornehm zugleich. 40 Pfund Eintrittsgeld reichten hier gerade für einen besseren Katzenplatz, doch der Saal ist gefüllt.

Man ist aus diversen Ländern Europas zusammengekommen, um zwei der größten Liedermeister zu feiern. Dabei spaltet sich das Publikum in zwei kennerhafte Fraktionen: Die Costello-Fans freuen sich auf einen Kübel Gift und die neuerdings leise ironischen Ansprachen – während die Bacharach-Aficionados zuerst die leibhaftige Erscheinung des 70jährigen Komponisten sowie dessen traumwandlerische Filmmusiken erwarten. Denn Burt Bacharach ist trotz unsterblicher Melodien ein beinahe Unsichtbarer geblieben, gewissermaßen Costellos „Invisible Man“, der nicht zu vereinnahmen ist, auch nicht von den jungen Easy-Listening-Fans, die etwa Noel Gallagher heißen.

Das Streicher-Ensemble, die Band samt Schlagzeug und Saxophon und der Chor sind bereits auf der Bühne, als Costellos unverkennbar kehlige Stimme „What The World Needs Now Is Love“ zu Gitarrengeschrumm knarzt Allein, Elvis singt aus dem Off, und dann kündigt er Burt Bacharach an. Der federt – im nicht gar so feierlichen hellen Anzug – ans Piano wie ein James Last aus einem fernen, besseren Universum, klimpert ein bißchen und gibt den Musikern rückwärtig Fingerzeige und Kopfnicken, was wohl nicht nötig wäre, aber Kontrolle und Leidenschaft signalisiert: Es ist alles im Kopf. Costello schreitet im Frack hurtig heran, und das Orchester fallt in ein noch schwächliches „Toledo“. Auch Elvis‘ Gesang tönt noch brüchig, ehe „Tears At The Birthday Party“ und „This House Is Empty Now“ die Wende bringen. Elvis umklammert das Mikrophon, setzt Pausen und Akzente und schüttelt das offenkundige Lampenfieber bald ab.

Um die Bühne zu räumen und Bacharach den gebührenden Auftritt zu gestatten: „Follow me to the movies“, murmelt der linkische Mann, dessen Beine unterm Piano immerzu zappeln und der sich unbeholfen windend und hampelnd übers Parkett bewegt und dabei die Knie so einknickt, als sei er auf dem Weg zur Segelyacht oder in den Golfclub. Nun aber säuselt der Chor so beschwingte Evergreens wie „Arthur’s Theme“, „Do You Know The Way To San Jose?“, „Walk On By“ und zahllose andere im Medley, und Bacharach selbst singt versonnen und beiläufig „Raindrops Keep Falling On My Head“ und „Alfie“ an. Wird der Reigen je enden?

Costello kehrt zurück und wirft sich mit Aplomb in den Walker-Song „Make It Easy On Yourself. Dann tritt der Ältere ab, und Elvis fuhrt mit seinem bejubelten Keyboarder Steve Nieve und dem Orchester eine umarrangierte Version von „Accidents Will Happen“ auf, auch ein um 1978 für Dusty Springfield komponiertes Stück, eine karge Akustik-Version von „Veronica“ und schließlich eine rauschende „Alison“.

Es folgen die restlichen Songs von „Painted From Memory“, darunter „The Long Division“, „I Still Have That Other Girl“ sowie „My Thief -, ehe die Standing orations beginnen und Burt seinen neuen Freund knufft und ihm auf die Schulter haut wie einem alten Kumpel. Die letzte Zugabe ist natürlich „God Give Me Strength“. Und Elvis Costello grüßt glücklich in die Ränge – er weiß, daß sein Platz neben Burt Bacharach im Pantheon der populären Musik hiermit endgültig gesichert ist.

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