Daniel Johns hat sich dazu durchgerungen, noch ein Album mit Silverchair aufzunehmen. Van Dyke Parks war auch dabei

Daniel Johns hatte viel vor in diesem Jahr. Eben alles, was man so tut, um aus einem großartigen Album auch ein erfolgreiches zu machen: Er wollte mit Silverchair auf Promoreise gehen, teuren und überall die neuen Songs von „Diorama“ vorstellen.

Jetzt sitzt er zu Hause in Australien und kann gerade mal das Telefon halten. Der Sänger leidet an Arthritis. „Es geht mir nicht besonders gut, aber ich habe jeden Tag Physiotherapie und probiere alternative Medizin aus und so weiter. Ich versuche, möglichst schnell gesund zu werden. Acht Monate habe ich hinter mir, aber so eine Krankheit dauert zwischen drei Monaten und drei bis vier Jahren. Ich hoffe, ich habe wenigstens da Glück!“

Als er beginnt, über „Diorama“ zu reden, hellt sich seine Stimme auf. „Ich bin stolz darauf, weil ich mich wirklich sehr bemüht habe, Songs mit einer positiven Botschaft zu schreiben – auch wenn das jetzt blöd klingt.“ Silverchair, bisher eher bekannt als Nirvana-Epigonen und ewige Trauerklöße, haben es tatsächlich geschafft, ein schwelgerisches Rockalbum aufzunehmen, das mit Grunge nur noch wenig zu tun hat. All die große Melodien drehen sich um die Sehnsucht nach Harmonie, um Liebe und Hoffnung: „Es war für mich eine große Herausforderung, Glück und Ekstase zu vermitteln – bisher war ich ja eher Traurigkeit und Wut gewohnt. Diesmal habe ich es ganz bewusst anders gemacht, um die Macht von Musik sinnvoller zu nutzen.“

Im Studio ging es Johns noch gut, „besser als je im Leben“, was auch an einem ganz besonderen Arbeitskollegen lag: Um die Orchester-Arrangements kümmerte sich Van Dyke Parks.“Ich kannte seine Musik kaum, aber sie hat mir sofort gefallen. Ich wusste, wir haben die gleiche Ellenlange und wir wollten beide so einen 50er-Jahre-Hollywood-Sound auf einigen Stücken verwirklichen.“ Parks gab jüngst bekannt, er halte Johns für das größte Talent seit Brian Wilson. Der 23-Jährige kann das kaum fassen: „Ehrlich gesagt, kannte ich die Beach Boys kaum, bevor ich Van Dyke Parks traf. Dann kaufte ich alle Alben – und jetzt weiß ich, was für ein Kompliment das ist!“

Und dabei wusste Daniel Johns nach der letzten Tournee nicht einmal, ob er je wieder ein Silverchair-Album aufnehmen würde. Er dachte schon an eine Solokarriere, weil er ja „das ganze Teenager-Leben“ mit Drummer Ben Gillies und Bassist Chris Joannou verbracht hatte- und außerdem einen ganz eigenen Kopf hat.

Kurz vor der Trennung raufte man sich wieder zusammen: „Es gab ein Bandmeeting, bei dem ich sagte: ,So werden die Songs klingen, genau so will ich sie haben. Seid ihr dabei?‘ Und sie wollten es, absolut. Es gibt keine Konflikte bei uns.“ Weil Johns eindeutig der Chef ist. Das würde er so natürlich nicht sagen, weil er dafür viel zu nett ist.

Manchmal, wenn er seine wohlüberlegten Sätze formuliert und die eigene Psyche analysiert, glaubt man kaum, dass Johns noch so jung ist. Er kichert angesichts der Feststellung. „Ich kann auch total kindisch sein, wirklich! Manchmal fühle ich mich steinalt, manchmal saujung. Es gibt eine Redewendung in Hollywood: Man bleibt immer so alt, wie man war, als man berühmt wurde. Bei mir wäre das dann wohl 14. Manchmal komme ich mir auch so naiv und unerfahren vor – als ob ich immer noch Schutz bräuchte. Aber manchmal bin ich auch müde, verbittert, resigniert bloß leider nicht altersweise. Das ist dann mein nächstes Ziel: weise werden.“ Und das mit 23.

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