Das zweite Standbein

In seiner Heimat Texas arbeitet Michael Hall nun vor allem an der Zweitkarriere als Journalist

Wenn ein verlorener Sohn zurückkehrt, hält er besser etwas in Händen. In Chicago hatte seine damalige Freundin den Job verloren. Sie zogen weiter nach Portland. Dort verlor er dann seine Freundin. Sie blieb, er nicht. Auf nach Los Angeles, wo es wieder Arbeit für ihn gab – und sonst nicht mehr so viel zu verlieren.

Da kam der (An-)Ruf aus der alten Heimat gerade recht. „Wenn du in Texas aufgewachsen bist, ist das der beste Job, den du kriegen kannst“, schwärmt Michael Hall. Also sitzt er jetzt in der Redaktion des „Texas Monthly“ und schreibt die Stories, die er als Journalist schon immer schreiben wollte. Wandelt auf den Spuren alter Bluesmänner oder stopft „das kleine schwarze Loch“, das Elvis Presley im Sommer 1958 bei der Armee im texanischen Fort Hood hinterließ. Von den Arbeitsbedingungen konnte er früher als Freelancer nur träumen. „Wenn ich zwei Monate brauche um herauszufinden, welche Mädchen Elvis damals geküsst hat, dann dauert’s eben so lange.“ Wenig verwunderlich, dass Hall – zudem frisch verheiratet das Gefühl überkam, er hätte sich im alten Austin „noch mal neu erfunden“.

Musikalisch indes trifft das kaum zu. Als Songwriter vertraut Hall auf seinem neuen Album „Dead By Dinner“ ganz auf die rustikale Gangart alter Kumpane, der Woodpeckers, die ihn schon seit bewegten Wild Seeds-Tagen Mitte der 80er Jahre kennen. Hat der neue Job einen Effekt auf seine Musik? „Ich hab nicht mehr so viel Zeit fürs Songschreiben. Vielleicht liegt’s auch am Alter. Kreativität ist nun mal begrenzt.“

Hat er nicht auch das Gefühl, er müsse jetzt nicht mehr so viel beweisen mit seiner Musik? „Gute Frage. Das Gefühl für die Musik ist sicherlich geblieben. Vielleicht will ich mich heute ja sogar mehr beweisen. Weil ich schon viele Platten gemacht habe, die ein paar gute Reviews gekriegt und ein paar Tausend verkauft haben, aber mehr eben nicht. Da ist schon noch der Drang, darüber hinaus zu kommen.“ Und? War Elvis nun ein guter Küsser? Hall: „Definitiv. Alle Frauen haben mir erzählt, sie hätten sich noch Monate danach nicht die Wangen gewaschen.“

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