Der Held des Alltags

Als "Reflektor Falke" erzählt Thomas D auf seinem zweiten Soloalbum faszinierende Geschichten aus einer anderen Welt, um diese zu verbessern

Es ist, als ob dich jemand am Kragen packt, dich schüttelt und dir sagt, dass er’s nur einmal sagt“ So hat man es sich vorzustellen, das zweite Album von Thomas D. Auf „Lektionen in Demut“ wird wie gewohnt gerappt, aber wovon! Eine ganze Welt wird da entworfen. Die Welt von Reflektor Falke, einer Mischung aus Falke, Affe und – Thomas D. Der steckt natürlich hinter den Texten, die so locker klingen und doch gewichtige Botschaften in sich birgen. Die Gestalten, die auf dem Planeten des ewigen Regens leben, sind vielfältig, aber allen geht’s um eins: ums Überleben. Die Frage ist bloß, wie. Thomas Dhateinedezidierte Meinung dazu: Jeder ist der Held seines Lebens. Jeder dreht seinen eigenen Film. Jeder kann etwas tun, wenn er morgens aufsteht Dann entscheidet man, ob’s den Leuten besser geht oder schlechter -je nachdem, wie man sie behandelt“ Und weil es ihn irgendwann störte, dass so viele Menschen so gleichgültig sind, schrieb er Songs, die gegen den modernen Nihilismus ankämpfen. Zeilen wie „Du willst ein Held sein? Dann tritt für die Welt ein/ und lass die Liebe wieder Spiegel deiner selbst sein!“ kommen ihm wie selbstverständlich über die Lippen. Er hat halt was zu sagen. „Ich hab schon ein großes Mitteilungsbedürfnis. Dies ist ja ein Aufruf zur Selbstverantwortung, Verantwortung für dieses Leben und sich selbst. Da fordert der Thomas viel Aufmerksamkeit. Herr D ruft nach Verständnis, nach Erkenntnis. Das ist mein Manifest.“

Aber was war eigendich zuerst da, der Reflektor-Charakter, die Geschichte oder einzelne Lieder? „Die Idee, krass abzugehen, war zuerst da. Eine Story zu schreiben, in die man eintauchen kann und die sich durch die ganze Platte zieht Es sollte sich nicht direkt um unsere Welt handeln, sondern ein abstrakterer Film werden.“ Bevor er sich an die Sache herantraute, las sich Thomas noch in Dutzende Comics ein, um zu schauen, wie man ein „Script“ schreibt, das stringent wirkt und das trotzdem in Einzelteile, sprich Singles, zerlegt werden kann.

Seine „Vision“ teilte Thomas mit Ralf Goldkind und Fanta-Kollege And Ypsilon. Er hat zwar immer viele Ideen, aber nicht die Mittel, sie umzusetzen – das würde sich wohl „einorgelkandidatmäßig“ anhören, lacht er. Musikalisch sind die Rektionen“ dichter als das Debütalbum „Solo“, viel orchestraler- und meilenweit weg von der relativen Fröhlichkeit der Fantastischen Vier. An deren ungewöhnlichste Songs, „Krieger“ und „Legionen“, schließen die Rektionen in Demut“ an. Keine stumpfe Unterhaltung fürs Format-Fernsehen, sondern ein abendfüllendes V&rk, das man kaum nebenbei konsumieren kann.

Thomas sieht es als „Privileg, sich so was rausnehmen zu dürfen“, aber es ist auch das Resultat harter Arbeit Der Erfolg der Fantas und das eigene Four-Label ermöglicht es den Gründerväter jetzt, sich Freiheiten zu gönnen. „Mir kann keiner reinreden. Auch wenn einige schon gesagt haben, oh-oh, ob die Leute das verstehen werden?“ Wir tippen mal: ja. Thomas D ist natürlich ein Spinner und ein viel größerer Idealist als die meisten anderen 32-Jährigen. Das gibt ihm extrem viel Energie und Charisma, macht ihn aber auch angreifbar. Doch er hat sich längst sein kleines Reich gebaut, in dem ihm keiner mit lästigem Zynismus im Wege steht.

Mit acht Freunden bewohnt er einen Hof in der Eiffel, den Mars: „moderne Anstalt rigoroser Spacker“. Er sieht nicht fern und liest selten Zeitung. Joggt und kocht lieber und hört anderen zu. „Ich wollte immer am liebsten mein Leben lang Menschen treffen und philosophieren. Und das mach ich jetzt auch.“ Demnächst wird es auch einen Sampler der Marsianer geben. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

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