der Krach gehört uns

Was haben Slut die ganze Zeit auf ihrem Bauernhof getan? Die raue Musik ist vor allem ein Beweis für die Virtuosität des Indie-Deutschrock

Wenn der Redakteur einer Nachrichtenagentur mit vorgehaltener Schrotflinte an meinem Bett stehen und mich zwingen würde, eine Schlagzeile zur neuen Slut-Platte zu formulieren, würde ich natürlich rufen: Überraschung – die Ingolstädter kehren zu ihren Wurzeln zurück! Die Verstärker jaulen wieder, die Synthesizer und Streicher nicht mehr! „Nothing Will Go Wrong“ ist eine Rockplatte, die auf das poppigere Album „Lookbook“ vom letzten Jahr folgt, das damals wiederum eine Antwort auf die zuvor angefertigte Rockplatte war. Bei den lieben Bekannten von der Band Readymade schlägt es dieses Jahr übrigens in die andere Richtung aus (siehe Artikel links unten), als ob sie sich die Streicher bei Slut geliehen und nicht zurückgegeben hätten.

Tja, so sind die Zyklen, so ist das Kunstgewerbe. Wer vom Paulos oder von der Ruppigkeit einer Plattenveröffentlichung gerne Rückschlüsse auf die Verfassung der Musiker zieht, darf nicht enttäuscht sein: Es ist doch ein Grund zum Freuen, dass eine Band wie Slut – die als echte Indies angefangen haben und so viel von Pop verstehen – überhaupt in solchen langfristigen Zyklen arbeiten kann, seit kurzem von einem Major-Label unterstützt. Slut, The Notwist, Miles, Die Sterne, das ist heute Deutschrock. Hand in Hand mit ihnen wuchsen Studioleute wie Olaf Opal und der Weilheimer Mario Thaler zu brillanten Produzenten und Mischern heran, auch das brauchte Zeit und halbwegs verbindliche Arbeitsbedingungen. „Olaf hat es beim Mischen genossen, mal wieder richtig dreckig drüber zu gehen“, sagt Slut-Schlagzeuger Matthias Neuburger, aber der donnernde Klang von „Nothing Will Go Wrong“ (ungefähr: frühe Smashing Pumpkins, Placebo) kam ja nicht dadurch zustande, dass man sich gemeinsam zum Dilettantismus gezwungen hätte. Er zeigt eigentlich, wie virtuos diese Hinterwäldler sind.

„Es kommt darauf an, welches Instrumentarium man sich vorher zurechtlegt“, sagt Matthias‘ Bruder Christian, Slut-Sänger, „bei der vorigen Platte sind wir halt immer nur um Keyboards rumscharwenzelt“. Hauptquartier der Band ist immer noch der Gutshof bei Ingolstadt, zu dem die drei Musiker aus der Stadt-WG auch mal mit dem Fahrrad rausfahren. In der Küche hängen Besucher herum, im Probenkeller entstehen derweil aus Riffs und Bassfiguren neue Stücke. Man glaubt förmlich, diese Prozesse hören zu können auf der Platte. Und diesmal wurde Rock daraus.

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