The Monochrome Set – Ein Schlag ins Leben

Dandyismus, Psychedelia, Exzentrik: Die Indiepop-Ikonen The Monochrome Set sind wieder da

Im neubürgerlichen Kölner Agnesviertel staunen Passanten über die Schlange, die sich vor der schummrigen Szenebar King Georg gebildet hat. Es sind vor allem Pop-Veteranen jenseits der vierzig und nachgeborene Auskenner, die sich heute hier leuchtenden Auges versammelt haben, denn: Legenden sind in der Stadt. Für Eingeweihte muss es sich geradezu anfühlen, als spielten die Beatles auf einem Pfarrgemeindefest in der deutschen Provinz.

The Monochrome Set waren für die britische Indie-Szene mindestens genau so wichtig wie Orange Juice. Allerdings weiß das kaum jemand. Kaum jemand außer dem Sänger Morrissey und dem Gitarristen Johnny Marr, die nicht zuletzt auf Basis ihrer gemeinsamen Begeisterung für Monochrome Set Freunde wurden. Oder Vampire Weekend. Oder Belle & Sebastian. Oder Franz Ferdinand, die gleich weite Teile der Klangästhetik ihrer Helden übernahmen. The Monochrome Set sind insofern so etwas wie der Prototyp einer stilprägenden Band, der in ihrer Glanzphase – hier: den frühen Achtzigern – kaum Erfolg beschieden war. Anfangs sei es durchaus erbaulich gewesen, von so vielen Musikern als Einfluss genannt zu werden, gibt Sänger Bid, ein freundlicher Mann mit feinem ironischem Humor zu. „Aber letztlich hatten wir ja nichts davon. Es gab keine hysterischen Fans, die uns verfolgten wie das bei Kollegen der Fall war. Uns verfolgte allenfalls die Polizei.“

Auf ihren ersten vier Alben warf die 1978 gegründete Band um Bid und Gitarrist Lester Square auf beispiellose Art Dandyismus, Psychedelia, Rock’n’Roll, Kunststudentenunfug, Surf und britische Exzentrik zusammen – und erfand so ganz nebenbei den Indie-Pop. Doch wie in einer englischen Musikkomödie ging konsequent alles schief, so dass sich die Band 1985 auflöste. Zwar kam man 1990 noch einmal zusammen, doch 1998 war dann endgültig Schluss. Eine womöglich rentable Wiedervereinigung wie im Falle anderer Bands war für die Musiker ausgeschlossen: „Wir wollten nicht die nächsten abgehalfterten Post-Punk-Legenden sein, die sich wieder zusammentun, das fanden wir eklig“, schmunzelt Bid.

Dass es die Band wieder gibt, verdankt sich einem ernsten Anlass: 2010 erlitt Bid einen Schlaganfall. „Wir hatten gerade wieder angefangen zu proben. Als ich aus dem Krankenhaus kam, beschloss ich, mich voll auf The Monochrome Set zu konzentrieren.“ Im Vergleich zu seinem Schicksalsgenossen Edwyn Collins, den 2005 ebenfalls ein Schlaganfall traf, hatte Bid noch Glück. Zwar leide er bis heute, wenn er müde sei, unter Wortfindungsproblemen, doch er habe bald wieder sprechen und schreiben können. Das Material auf „Platinum Coils“, dem ersten Monochrome-Set-Album seit 17 Jahren, handelt von der Krankheitserfahrung und ihren Folgen. Bid: „Es ist wohl so etwas wie eine surreale schwarze Komödie. Am Anfang hört man einen Blitz einschlagen – Krach! -, und dann geht’s los.“ Bid verfügt nach wie vor über exzentrischen Humor: „Nimm zum Beispiel diesen Song „Les Cowboys“: Der spielt im Krankenhaus. Es geht um die ganzen seltsamen Leute, die da tagein, tagaus mit dem Rollstuhl über die Flure fahren. Ich habe versucht, mir diese Typen als wilde Cowboys vorzustellen, die den Krankenschwestern das Leben schwermachen.“

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