Die fetten Jahre sind vorbei
Dass sie mit ihrer Single „Easy To Love“ von 2002 ein paar Jahre später auf dem Soundtrack zu „Die fetten Jahre sind vorbei“ landeten, fand die Band Slut aus Ingolstadt total gut. Auch wegen des Verweigerer-Charakters des Films. Und dass sie mit der deutschen Version von „Why Pourquoi?“ bei Stefan Raabs „Bundesvision Song Contest“ weder unterhaltsam noch lustig waren, war für sie auch nicht weiter schlimm, überraschend schon gar nicht.
Slut machen tolle Rockmusik, irgendwo zwischen Pathos-Gitarren ä la Muse und Traumwelt-Pop für den kleinen Club. Oft waren tolle Lieder dabei, aber Slut sind eben keine Stimmungskanonen, sie fühlen sich unwohl im Format, das sie nicht selber erfunden haben. Eine Ausnahme war sicher die Begleitung einer Schauspielgruppe am ingolstädter Theater – da spielten sie 2006 zu Brechts „Dreigroschenoper“ neue Interpretationen von Kurt Weills Musik. Aus dem geplanten Album mit diesen Stücken wurde dank Weills Nachlassverwaltern nur eine EP, die die Band dann mit der für sie üblichen Ironie „Die kleine Dreigroschenoper“ nannte.
Sie haben trotzdem etwas aus dem Engagement ziehen können. Sänger und Gitarrist Christian Neuburger: „Der Hunger nach neuen eigenen Stücken ist noch ein bisschen angestachelt worden. Und wollte man’s in ein zeitliches Verhältnis setzen, so haben wir uns zwei Tage geärgert und ein Jahr Spaß gehabt.“ Die neuen Songs sind auf Sluts sechstem Album, „StillNo1“, zu finden -einer ganz anderen Sammlung, als es „All We Need is Silence“ (2004) war. Das. was damals so unbedingt reduziert dastehen sollte, ist jetzt wieder anständig aufgepuschelt worden, im großartigen „Odds And Ends“, mit lauten Chören und Streichern, singt Neuburger am Ende „We got lost in the battle with Rock’n’Roll“. „Das hat einen Band-Hintergrund“, erzählt er, „es gab mal eine Zeit, in der wir gedacht haben, uns dieses Rock’n’Roll-Themas zu bedienen. Das heißt, den Geist dessen einzuf angen und mit seinen Mitteln zu arbeiten und zu streiten. Und das waren eben diese klassischen Instrumente wie Bass. Schlagzeug, Gitarre. Ich glaube, daran sind wir, speziell bei der letzten Studioplatte, gescheitert.“
Wenn Slut nicht so denken würden, wäre die erste Single „Wednesday“ kaum durch ein Klavier so melancholisch geraten. Dieser Grundzug drängelt sich überhaupt durch die Stücke von „StillNo1“. Slut haben lange auf einem Schloss im Dorf Westerhofen gewohnt, mit Proberaum und kleinem Studio, doch im Jahr 2005 zogen sie zurück nach Ingolstadt. „Künstlerisch ist das ein Vorteil“, sagt Neuburger. „Wir profitieren von der Stadt.“
Und die womöglich von ihnen.