Die Welt ausgeblendet

Joy Division, John Cale - Interpol verhelfen dem bekannten Schwermutsklang zu neuer Blüte

Achtung Männer, aufgepasst! Es gibt einen Trick, wie man jungen Mädchen mächtig imponiert. Einfach sagen: „Ich mache ein Interview mit Interpol.“ Wow, wie sich da der Blick der jungen Damen schlagartig verändert: Die Augen werden für einen Moment glasig, doch schnell weiten sie sich wieder zu einem begeisterten Strahlen: „Du Glückspilz!“ Interpol haben Erfolg bei Frauen. Das wird sich auch nach dem Erscheinen ihres neuen Albums „Antics“ nicht ändern. Im Gegenteil. Wieder sind die Rhythmen schwer wie Schicksalsschläge und die Melodien so betörend illuminiert wie ein Waldweg bei Vollmond. Und dann die Stimme von Paul Banks: männlich, energisch, verhalten aggressiv singt er auch diesmal wieder Lieder, die sich anhören, als wären sie schon immer Klassiker des New Wave gewesen.

Doch wenn die vier New Yorker leibhaftig vor einem stehen, wirken sie so unecht, als seien sie von einem Foto-Shooting für „Zoo“, „Quest“

oder „Deutsch“ abgehauen: Remake/Remodel – die Mode der Achtziger im Look des neuen Jahrtausends. „Schon als wir uns zum ersten Mal begegneten, hatte jeder von uns seinen ganz eigenen Stil. Wir möchten alle nicht neutral auftreten, nicht einfach nur Jeans tragen“, erklärt Daniel Kessler, der Gitarrist und Hauptsongschreiber. „Aber natürlich geht es uns auch darum, die Band zu repräsentieren. Deshalb benutzen wir bei offiziellen Anlässen gerne Krawatten als verbindendes Element. Wenn ich frei habe, ziehe ich die allerdings aus.“

Interpol heißen Interpol, weil sie gerne methodisch arbeiten. „Hinter unseren Songs steht ein Prozess, ein System. Die Dinge passieren in einer sehr methodischen Art und Weise. Das reicht von der Auswahl des richtigen Artwork bis zur Frage, wen wir als Tour-Manager mitnehmen. Der Begriff Interpol trifft diese kontrollierte und organisierte Arbeitsweise perfekt“, behauptet Bassist Carlos D, der ein wenig so aussieht, als würde Human League Sänger Phil Oakey die paramilitärischen Klamotten von Gabi Delgado tragen. Ja, das hat man alles schon einmal gehört und gesehen. In den frühen Achtzigern, als Pop mit Strategien und Masterplänen arbeitete. Als das Outfit eines Musikers noch ein Statement war und keine beliebige Rolle. Doch auf Vergleiche mit anderen Bands reagieren Daniel und Carlos mit dem Zicken zweier Diven. Schon bei der bloßen Erwähnung des Namens Joy Division rufen sie kokett nach der Promoterin. „Es gibt eine Menge mehr Themen, über die Journalisten mit uns reden können, als immer wieder nur diese Joy Division-Vergleiche. Wenn wir Songs schreiben, haben wir die Welt draußen ausgeblendet – wir reden nicht über andere Songs.“

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