Dokument wahrer Größe

Innig geliebt und sträflich ignoriert: Little Freat.. Auf welch hohem musikalischen Level diese Band spielte, macht jetzt ein Box-Set hörbar

Der Bandleader lebte auf kleinem Fuße („You’ve got little feet“, so Jimmy Carl Black von den Mothers zu Lowell George), er und seine Mitstreiter buken zu Beginn ihrer Karriere ganz kleine Brötchen und wurden hier zu Lande von einer Plattenfirma anfanglich gar ganz auf Null gestellt, aber dennoch waren Little Feat in den frühen Siebzigern in Sachen innovativer Westcoast-Rock die Allerallergrößten. Neben ihnen sahen die Byrds (egal, in welcher gerade mal aktuellen Konstellation) museal und die Doobie Brothers gar wie hochnotpeinliche Mucker aus. Little Feat waren damals nicht von dieser Welt – besser: Sie waren einfach zu gut für diese Welt Ja, liebe Zweifler, Nörgler und Besserwisser, das lässt sich problemlos beweisen – anhand ihrer frühen Alben. Wer auf dem ’71er-Debüt „Little Feat“ und dessem Vier-Nachfolger „Sailin‘ Shoes“ zwischen Track A-l und Track B-7 auch nur eine Lusche, nur einen Lückenbüßer auszumachen meint, der sollte sich unter all dem Osmonds-, Bee Gees-, Melanie- und America-Schrott jener Tage begraben lassen. Und mit dem Argument „die Dinger sind ja so rar, die hat nicht mal der Dealer meines Vertrauens“ kann sich fortan auch keiner mehr aus der Debatte stehlen, denn late, but not too late kommt dieser Tage mit der 4-CD-Box „Hotcakes & Outtakes:30 Years Of Little Feat“ ein Beweisstück ans Licht der Öffentlichkeit, das all das Zweifeln, Nörgeln und Besserwissen mit nur einem Song-Argument – sei es „Willin'“ oder „Dixie Chicken“ widerspruchslos vom Debattiertisch fegt.

Geboten bekommt man obendrein ein selten offenes und ehrliches Portfolio einer Band, die bis zum ’77er-Album „Time Loves A Hero“ trotz des hier schon marginalen Mitwirkens ihres Frontmanns eher als „Lowell George and…“ firmierte. Man registriert – besser: erduldet wie Paul Barrere, seit LP Nr. 3 „Dixi Chicken“ und bis zum Tod des Übervaters im Juni 1979 ewiger Zweiter an der Gitarre, nun ab dem ’88er-Comeback-Album „Let It Roll“in den sailin‘ shoes des Ex-Chefs nur eher chancenlos hinterhersegeln kann, ein Craig Fuller – obwohl bei Pure Prairie League sicher erste Wahl – Lowell stimmlich zwar nahe kommt, aber auch er im Verbund mit zwei Gitarristen (seit „Let It Roll“ wird Barrere von Fred Tackett unterstützt) schlussendlich daran scheitert, die gigantischen Fußstapfen von Georges kleinen Füßen auch nur annähernd auszufüllen.

Richie Hayward, von Beginn an der Mann, der den komplexesten LF-Kompositionen mit seinen mal filigranen, mal Keith Moon, beat that-Schlagzeug-Eskapaden den nötigen Schub gab und immer noch gibt, sieht die Mutation einer einstigen Kult-Band zu einer – na ja we’re only in it for the money-Durchhalte-Combo nach 30 Jahren im Studio und on the road eher gelassen: „Schon zu frühen Feat-Zeiten musste ich mich damit abfinden, dass wir gelegentlich zwei Bands waren. Denn was Lowell damals schrieb, hatte mit dem, was Bill (Payne, LF-Keyboarder) mit ins Studio brachte, oft eher wenig zu tun. Es hat

aber funktioniert. Es hat den Reiz von Little Feat ausgemacht Und es hat verhindert, dass wir nie eingleisig fuhren und nie festzunageln waren.“

Aber wie nur nagelt man die Dame Shaun Murphy fest, die ab „Let It Roll“ drei Alben lang eher sporadisch zum Einsatz kam, seit Craig Fullers Ausstieg aber immer öfter ans Mikro darf- und leider wie Melissa Etheridge klingt?

„Craig hatte keinen Bock mehr auf lange Touren“, sagt Richie, „das kann ich auch voll nachempfinden. Aber dass Shaun wie Melissa Etheridge klingen soll, das ist mal wieder typisch für das Schubladendenken der Musikpresse.“

Das muss er wohl so sagen, denn auch ihm dürfte, zieht er sich das Debüt „Little Feat“ und danach das jüngst erschienene Werk „Chinese Work Songs“ mit nur mittlerem Aufmerksamkeits-Pegel rein, aufgehen, dass man früher Kunst geschaffen hat, heute aber meist nur noch bloßes Können demonstriert. Aber das einem Musiker zu vermitteln, fällt schwer – wenn es nicht gar ein unmögliches Unterfangen ist. Mächtig stolz aber ist auch Hayward auf die opulente CD-Box, „denn nun kann jeder Little Feat-Fan nachvollziehen, in welche Höhen es mit der Band gehen konnte, aber auch durch welche Abgründe wir uns kämpfen mussten. Manchmal kam’s so dick, dass die Band für eine längere Periode inexistent war und jeder seine Brötchen als Studio oder Tour-Musiker verdienen musste. Damit hatte zwar keiner von uns Probleme, denn wir alle haben in der Szene ja gottlob einen erstklassigen Ruf, jeder von uns kann seitenweise credits vorweisen, aber das war’s einfach nicht Wenn man einmal erlebt hat, wie es ist mit Little Feat abzuheben, dann wird alles Andere sekundär, dann will man egal, wie beschissen es beim letzten Mal auch gelaufen sein mag – endlich wieder mit Little Feat abheben, denn man weiß ja, dass es immer wieder gelingt. Es muss nur die Chemie stimmen,“

So präsentiert die LF-Box all die vielen magischen Momente, da die Chemie stimmte, und darüber hinaus eine kolossale Band, die trotz ihrer Größe lange Jahre auf kleinem Fuße leben musste.

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