Draußen nur Ständchen

Bei uns noch unbekannt, ist Anna Ternheim in ihrer schwedischen Heimat seit zwei Jahren ein Star

Ihr Schicksal erfüllte sich, als irgendwer der kleinen Anna eine Gitarre in die Hände drückte. Den unvermeidlichen Klassik-Unterricht ertrug sie daraufhin mit einem Gleichmut, der bei Zehnjährigen selten zu finden ist. „Nach der Gitarrenstunde habe ich mich zu Hause immer gleich hingesetzt und eigene Stücke komponiert“, sagt Anna Ternheim heute, 17 Jahre später. „Die Lieder von damals gehören aber nicht zu den Songs, die ich bei meinen Konzerten spiele“, verspricht sie.

Inzwischen schreibt die Stockholmerin eindringliche Songs voller spröder Schönheit und filigraner Schwermut. Und obwohl sie ihre erste Band als Austauschschülerin in den USA gründete, verrät nicht nur der niedliche Akzent, der manchmal durch ihre Lieder auf dem Debütalbum „Somebody Outside“ hindurchschimmert, Anna Ternheims skandinavische Herkunft. „Es ist zwar ein Klischee, daß wir Schweden einen Hang zur Melancholie haben. Aber auf mich trifft das schon zu. Vielleicht ist ja doch was Wahres dran, und diese langen, kalten Winter bringen die Dunkelheit in jedem von uns hervor.“

Die schwedische Neigung zu schwergewichtigen Melodien vermengt Anna Ternheim in zeitlos anmutenden, akustisch arrangierten Liedern mit eingängigem Songwriter-Pop. Und seit ihr Album 2004 in Schweden erschienen ist und sich als Riesenerfolg erwies, haben Kritiker ihre Musik mal mit Nick Cave, mal Leonard Cohen verglichen. Referenzen, mit denen sich gut leben läßt: „Ich bin ein großer Fan von Nick Cave. Ich finde zwar nicht, daß ich so klinge, aber ich mag das Einfache in seinem Songwriting und die Dynamik, die sich zwischen den Melodien und den Texten entwickelt. Das ist auch genau das, was ich an Leonard Cohen schätze.“ Schlichtheit prägt auch die Lieder Anna Ternheims. „Ich habe jedoch noch keine wasserdichte Methode gefunden, wie man Songs schreibt“, sagt sie. Während das elegante „To Be Gone“ in zwanzig Minuten fertig war, brauchte sie für das aufbrausende „My Secret“ mehrere Jahre.

Immer wieder kreisen ihre Texte auf „Somebody Outside“ um Fluchtphantasien, handeln vom Zurücklassen und vom Neuanfang: „Für mich erzählen die zehn Songs zwar eigentlich zehn ganz unterschiedliche Stories. Aber irgendwie ergibt sich dieses Thema. Vielleicht, weil sich darin ein wichtiger Teil unseres Lebens spiegelt: Wenn du kreativ sein willst, geht es doch immer darum, das zu verlassen, was du hast, um neue Wege zu erkunden.“

Und so ist Anna Ternheim selbst jetzt über die Umwege Französischstudium in Lausanne und Architekturstudium in Stockholm schließlich bei der Musik angekommen. Auch wenn sie es immer noch nicht ganz glauben kann: „Ich habe mich zwar schon immer als Songwriterin empfunden, aber ich habe das nie für einen Beruf gehalten.“

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