Willander sieht fern

Dschungelcamp: Tanja isst Buschschwein-Vagina, Jörn versinkt in Ungeziefer – und Maren gewinnt

Finale im Dschungel. Arne Willander berichtet über die Show mit den Finalisten Maren, Jörn und Tanja. Über Langeweile, Apathie und Seriösität.

Am Ende wird noch einmal die Duldsamkeit der Kandidaten angesichts des Ekels strapaziert. Maren liegt in einem Sarg voll Schlangen, die allerdings keinen furchterregenden Eindruck machen. Tanja muss Spezialitäten wie Kamelhöcker und Buschschwein-Vagina verspeisen: „Ich bin mehr der fleischige Typ – ich mag‘s herzhaft.“ Sogar Schokoladenkuchen muss sie ablehnen, um eine Spinne zu konsumieren. Bei Sonja erkundigt sie sich nach einem Begriff für eine Geschmacksnote, die Daniel dann als „Holzstiel“ identifiziert: „Ich hab‘ Sonja gefragt, weil sie so klug ist, weißte – sie war Pilotin und so.“ Und Jörn erträgt eine Taucherglocke, gefüllt mit Kakerlaken, Spinnen und Krabben – eine der quälendsten Prozeduren (auch für den Zuschauer).

„So viel dazu, Melanie Müller!“

Zurück im Camp, triumphiert Tanja: „So viel dazu, Melanie Müller! Von wegen: Ich krieg nicht mal ne Raupe runter. Hashtag: ,Just saying‘!“ Aber sie gewinnt nicht. Tanja Tischewitsch wird Dritte und freut sich, denn bei „Deutschland sucht den Superstar“ wurde sie nur „zwei-, dreimal eingeblendet“, wie sie natürlich weiß. Bleiben Maren und Jörn, beide einigermaßen unwahrscheinliche Finalisten. „Ihr seid echt – nicht schlecht“, lobt Sonja bei der Verkündung, und Daniel befindet korrekt: „Angenehme Menschen.“ Die sich unverstellt und ohne Inszenierung präsentierten. Daniel fügt freilich hinzu: „Auch wenn es nicht unbedingt Schule machen muss.“ Die ganz und gar künstliche Veranstaltung wird noch immer mit einem Bekenntnis zur Authentizität beschlossen, zur „grace under pressure“. Insofern war es Walter, der das Spiel nicht verstanden hat – und nicht Maren, von der er es behauptete.

Denn Maren ist die Dschungelkönigin. „Ich danke euch, ich danke euch, ich danke euch!“ ruft sie, während sie herumhüpft. „Wie cool ist das denn?“ An die Freundin richtet sie dann den Gruß: „Christine, du hast recht gehabt, du coole Socke! Und ich hab‘s dir nicht geglaubt.“ Schließlich wendet sie sich an eine höhere Instanz: „Danke, lieber Gott!“ Der liebe Gott ist offenkundig konservativ, denn Maren hat sich mit Ausdauer und Zähigkeit bewährt – und mit ihrem gerechten Zornesausbruch gegenüber Walter, dem sie (wenig phantasiereich) einen Tritt in die Eier androhte, nachdem er sie kujoniert und verhöhnt hatte. Konzilianz und Sozialverträglichkeit plus Behauptungswillen qualifizierten Maren Gilzer für den Sieg.

Über Langeweile, Apathie und Seriösität

Über die Langeweile, die Apathie im Camp (und also vorm Fernseher) ist viel geredet worden, auch von den Moderatoren. Die Autoren haben das fehlende Thema vergnüglich zum Thema gemacht und die Selbstdemontage des Walter Freiwald für Running Gags genutzt, die bis zum letzten Tag reichten. Walter riss die unsichtbare Mauer zwischen Dschungel und Fernsehen ein und wandte sich jederzeit direkt an die Öffentlichkeit – auf Kosten der Kandidaten und seiner Glaubwürdigkeit. Seine Berufung auf Wahrheit war insofern absurd, als seine Einlassungen natürlich sofort überprüft und falsifiziert wurden: Um außerhalb des Gesetzes zu leben, muss man ehrlich sein, wie Bob Dylan sagt. Er ist ein unzuverlässiger Erzähler, der sich so verkauft hat, wie er die Gartenzwerge und Laufbänder beim Tele-Shopping anpries: Alles muss raus. Die Borderline-Identität wird nur bei einem Clown geduldet – von einem König erwartet man Integrität. Deshalb scheiterte Walter.

Dass Tanja Tischewitsch wenig seriös wirkt, teilt sie mit Larissa Marolt – es schadet ihr nicht, denn sie handelt immer nur von sich selbst (ihren Brüsten, ihren Liebschaften, ihren Plänen). Sie hat keine Ansichten, sie hat Hashtags. Jeder ihrer Auftritte im Camp war sorgsam überlegt und inszeniert, und die Improvisationen bei den Prüfungen waren sogar noch besser und witziger. Jörn Schlönvoigt wird weiterhin Jörn Schlönvoigt sein. Und Maren Gilzer kann fortan erzählen, wie sie den Mann, der sie nie in seine Sendung einlud, in einer Sendung überlebte.

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