Durch Landschaften und Jahrhunderte

Wenn Loreena McKennitt ein neues Album veröffentlicht, scheint das stets ein monumentales Ereignis zu sein, die Frucht jahrelanger Arbeit, destilliert zu 50 Minuten Musik. Die Kanadierin wandert seit zwei Dekaden auf den Spuren der Kelten vom UK durch Spanien und das vordere Afrika über die Mongolei bis nach Russland hinein, unterwegs durch die Jahrhunderte, immer auf der Suche nach Historie, der Vermischung der Kulturen.

Am Ende ist diese Reise immer auch eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Konzepten von Identität und Ursprung. Besonders auf ihrem siebten Album, „An Ancient Muse„, berühren die Farben, die Worte und die schlaglichtartigen Szenen auch moderne Themen – wer im Westen lebt, will sich häuslich einrichten und unumstößlich sein, unsterblich am besten, und kann es doch nicht. Das alles immer in Bewegung bleibt und nichts sicher ist und der Wanderer so recht nicht weiß, woher er kommt und wohin die Reise geht, das steckt in diesen Liedern, die zwischen abendländischen Harmonien und hoch glänzendem Mystizismus changieren. Der geografische Schwerpunkt diesmal: die Türkei und Griechenland. „Die Musik ist ein Nebenprodukt“, so McKennitt, „mich treibt meine Neugier und die Geschichte der Kelten. All diese Erkundungen sind ein Selbstzweck, kein Mittel für eine jeweils neue Platte. Ich bringe von meinen Reisen Entdeckungen mit – ein Instrument, ein Gefühl, eine Melodie -, und von dort aus entwickle ich die Musik. Aber sie passiert eher zufällig, so wie meine Karriere.“

Tatsächlich ging McKennitt wieder ohne fertige Lieder in die Real World Studios und malte ihrem Ensemble aus türkischen Folkloristen und Könnern wie Clive Deamer und Manu Katche lieber Bilder vors geistige Auge. Ein Abend vor den Toren Istanbuls im 15. Jahrhundert, ein Basar an der Seidenstraße, Gerüche von Gewürzen, babylonisches Sprachgewirr, die Ruinen einer keltischen Siedlung in Anatolien: „Mich faszinieren Heimat und Herkunft und wie die Kelten sich immer wieder angepasst haben. Wir erleben gerade Ähnliches – das Vermengen unserer kollektiven Geschichte, die sich in etwas Neues verwandelt.“

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