Ganz allein zu zweit

Annette Humpe hat nach Jahren hinter dem Mischpult wieder eine Band - wenn auch nur eine kleine: Ich + Ich ist ihr Soul-Duo, bei dem nichts aus fremden Händen kommt

Der Name des Projekts ist natürlich prima: Ich + Ich. Die Egozentrik im Ringelreihen mit sich selbst. Eine schöne Partnerschaft. Eigentlich wundert man sich, daß auf so einen selbstbewußten Bandnamen nicht schon in den 80ern jemand gekommen ist, als man die Welt am allerliebsten aus dem Bauchnabel der ersten Person Singular betrachtete. Man fragt sich das auch umso mehr, weil das eine „Ich“ dieses Duos eben Annette Humpe heißt, deren Verdienste in dieser Zeit gründen.

Annette Humpe schenkte der deutschen Popgeschichte diese „Blauen Augen“, mit ihrer Band Ideal umriß sie überhaupt das kommerzielle Potential der Neuen Deutschen Welle und definierte dann das Deutsch-Österreichische Feingefühl. Auch später hatte sie eine Reihe von Hits. Nur wußten bei denen gar nicht alle, daß sie die Hand mit im Spiel hatte, weil sie als Produzentin von Rio Reiser, den Prinzen oder Lucilectric nicht mehr an der Rampe der Öffentlichkeit stand.

Vom „Comeback des Jahres“ war so verschiedentlich zu lesen, nur weil Annette Humpe jetzt zusammen mit Junior-Partner Adel Tawil (27) mit Ich + Ich wieder in eigener Sache unterwegs ist Die Sache: ein nicht unangenehm klingender deutscher Radio-Soul, der in eher diskreten Melodien gar nicht auf die Primärreflexe prügelt. Natürlich sind das Liebeslieder. Vordergründig. Aber Annette Humpe steht eben nur zufällig da rum, „wo die Liebe hinfällt“. Und die, heißt es im gleichnamigen Lied auch, „ist doch nur ein Versprechen, das niemand hält“. Das klingt abgeklärt Annette Humpe ist 54.

„Es soll emotional werden.“ Das, sagt sie, sei die einzige Arbeitsdirektive gewesen für das Album von Ich + Ich. „Die Stücke sollen einen trösten, auch mal in den Arm nehmen.“ Natürlich sagt sie auch:“Ich liebe die Platte sehr. Da ist ganz viel von uns drin.“ Was eben so gesagt wird. Einfach professionelles Arbeiten.

Was nicht heißen soll, daß da etwas nicht stimmt Denn wenn man es streng aus einer professionellen Perspektive betrachtet: Ich + Ich ist tatsächlich ganz das Ding von Humpe und Adel Tawil. Texte und Musik sowieso. Dazu aber haben die beiden gleich noch den Produzentenjob übernommen, weil sie nichts mehr aus der Hand geben wollten. So wissen sie selbst am besten, daß es in der Konstellation, alles in einer Person vereinigt, an der Distanz fehlen kann. Was da als Korrektiv bleibt?

Annette Humpe sagt: „Das eigene Gefühl“.

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