Gemeinsame Wurzel

Mit ihrem zweiten Album platziert sich die New Yorker Band Earl Greyhound gekonnt zwischen allen Brooklyner Stühlen.

Ist es ein Segen oder ein Fluch, dass sich Earl Greyhound einer klaren Typisierung entziehen? Vor dem ersten Album war die Band bei großen Plattenfirmen auf Interesse gestoßen, sogar Rick Rubin kam vorbei. Am Ende gab es von den Großen aber kein Vertragsangebot, weil die Zielgruppe unklar schien. Earl Greyhound spielen 70s-Hardrock mit fetten Jimmy-Page-Riffs und schweren Grooves, sind aber nicht so eindeutig wie zum Beispiel die Kings Of Leon. Stattdessen erlaubt sich die Band Ausflüge in benachbarte Territorien, integriert Pop, schwarzen Soul und einigen Freigeist. Neben dem langhaarigen und (manchmal) bärtigen Matt Whyte steht die Afro-Amerikanerin Kamara Thomas an Bass und Mikrofon, auch das ist ungewöhnlich. Trommler Ricc Sheridan ist ein dunkelhäutiger John Bonham, ein Bär von einem Trommler. Apropos: Er kam zur Band, weil Vorgänger Christopher Bear zu Grizzly Bear (sic!) wechselte. „Es ist doch gut, dass uns keine Szene zu ihrem Eigentum erklären kann“, findet Whyte, „wir spielen klassischen Rock, aber wir sind kein Revival-Act. Wir experimentieren, aber wir gehören trotzdem nicht zu den anderen Brooklyner Bands wie Dirty Projectors und MGMT. Die Leute, die zu den Shows kommen, schätzen uns für das, was wir sind.“ Eine gute künstlerische Haltung, die zu der guten künstlerischen Musik von Earl Greyhound passt.

Auf dem zweiten, ironisch „Suspicious Package“ betitelten Album dampft wieder das Power-Trio, manches Riff rockt gewaltig. Aber auch schwarzer Blues und psychedelischer Prog informieren die Songs. Dass Earl Greyhound nun überzeugender wirken als auf dem Debüt, liegt in der Natur der Sache – und an den vielen Konzerten, die sie seitdem gespielt haben.

So wuchs die Band musikalisch zusammen, entwickelte Kontur und Souveränität; beides hört man auf „Suspicious Package“. Zudem hat Kamara Thomas mehr geschrieben als für das Debüt und spielt ihre Stärken mutiger aus als bislang. Whyte freut sich über das Plus an Kreativität: „Bei aller Unterschiedlichkeit haben unsere Songs eine gemeinsame Wurzel. Wir lieben es, in Bewegung zu bleiben und unsere Grenzen zu erweitern, aber es gibt einen Ort, an den wir immer zurückkehren.“ Jörn schlüter

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