EM-Blog

Glaube, Liebe, Hoffnung (27): Isch scho au nen grooßer Aufwand

Im Workbook? Im Kopf? Oder im Bauch? Auch ohne Matchplan für das vorgezogene Finale wird Deutschland Frankreich schlagen - EM-Blog, Folge 27

„Es gibt nicht nur gut und schlecht im Fußball, sondern es gibt auch erfolgreich und nicht erfolgreich – und da ist ja wohl klar, auf welchem Weg wir uns hier befinden.“
Fernando Santos, portugiesischer Nationaltrainer

Wieder mal die Trikots: Wales in Schwarz, Portugal in Mint – warum hier beide in ihren Auswärtstrikots antreten müssen, bleibt ein Geheimnis der UEFA mit ihrer auffällig bizarren Trikotpolitik – als gälte es, den Ausstatterfirmen Zusatzeinnahmen zuzuschustern.

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Das Spiel Portugals gefiel mir immer gut, sie dominieren und kontrollieren die erste Viertelstunde überraschend deutlich, ohne zwingend zu sein. Ab der 20 Minute kommen die Waliser auf, aber ab der 25.Minute sind die Waliser Angriffe erstmal wieder verpufft und es kommen massive portugiesische Gegenstöße. Das Spiel hat insgesamt wenig klare Tormöglichkeiten, aber es gibt viel Hin und Her. Beide Teams sind nicht überragend, es gibt zu viele Ballverluste. Bei Wales läuft alles über Gareth Bale, insgesamt sind die Waliser zu harmlos. Die Portugiesen haben Varianten. Während Ronaldo und Nani meist zugestellt sind, und viel damit zu tun haben, sich Räume zu erkämpfen, ist wie gewohnt Silva ein Lichtblick und Joao Mario. Sanches, auf den sich überraschenderweise der Gegner gar nicht eingestellt hat, scheint allgegenwärtig: Mitte, rechtsaußen, und diesmal auch öfters von Links.

Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit stürmen die Portugiesen noch nachdrücklicher und erwischen Wales kalt. Eine kurze Ecke bringt eine Flanke auf Ronaldo, der köpft das 1:0. Nur drei Minuten später fällt der entscheidende zweite Treffer.

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Man mag ihn doof finden, oder arrogant. An CR7 scheiden sich die Geister. Dieses beleidigt-sein, blank-machen, ausziehen ist nervig, aber er ist ein großer Fußballer. Die Portugiesen spielten für ihre Verhältnisse viel offensiver. Nun steht Portugal zum zweiten Mal nach 2004 im EM-Endspiel. Ich traue es mich kaum zu scheiben, aber ich finde die Portugiesen stark. Und ich glaube, dass sie die Deutschen am Sonntag schlagen können. Die Franzosen übrigens auch.

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Das Spiel um den Dritten Platz hat also Portugal gewonnen. Soweit überhaupt keine Überraschung. Aber wer macht das Rennen im heutigen Finale?
Eine Serie wird heute Abend zuende gehen: Entweder die, dass Deutschland seit 1958 von Frankreich bei offiziellen Turnieren nicht mehr besiegt wurde. Dann ginge auch die Serie zuende, nach der Deutschland als amtierender Fußball-Weltmeister bei einer EM immer ins Finale kommt (es allerdings dann immer auch verliert). Oder die Serie reißt, nach der Frankreich zuhause immer die Titel gewinnt: 1984 und 1998 war das so.

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Diesmal dürfte es nicht klappen. Denn Deutschland hat sein Momentum, während die Franzosen zu sehr unter Druck stehen, und bislang noch nicht wirklich ihr Spiel gefunden haben. Ihre Gegner waren eher schwach, auch Island, dass nah früher Franzosenführung auch keine echte Gegenwehr geboten hat.
Immerhin der Offensiv-Kreisel der Franzosen mit Griezmann, Pogba, Gignac, und dahinter Sissoko und Payet überzeugt sehr.
Die Deutschen sind allerdings noch ohne Gegentor aus dem Spiel. Daher werden wir ein enges und ausgeglichenes Spiel erleben, in dem Frankreich mehr Torchancen hat, und Deutschland in starker Defensive stabil steht, und dann schnell kontert.

„Wir werden der härteste Gegner sein, den Frankreich bei dieser EM je hatte“ meint Löw, der natürlich einen „Matchplan hat, und dem Deutschlandfunk sogar verriet, wo der sich überall befindet: „Ich hatte ja immer ein workbook dabei, worin ich mir Notizen gemacht hab, diesmal brauche ich das nicht, diesmal kann ich alles im Kopf behalten und mache alles aus dem Bauch raus.“

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Die Fragen sind daher eher andere: Wird Thomas Torlos treffen? Wird Basti Hinkibeini durchhalten? Wird Hector auch diesmal keinen Achilles treffen?

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