Harmonisch abgenabelt

Erstmals will der Eagles-Bassist Timothy B. Schmit keine Kompromisse mehr eingehen.

Für Timothy B Schmit ist es ein zweiter Frühling: Sein neues Solowerk, „Expando“, hat der Bassist der Eagles ganz ohne die Hilfe anderer Leute gemacht. Keine Fremdschreiber, keine Produzenten, keine Deadlines, das war wichtig.

Für die Aufnahmen zog sich Schmit in sein Heimstudio in der Nähe von Los Angeles zurück. Wer mitspielen wollte, musste vorbeikommen. Alison Krauss sollte bei einem Lied mitsingen, doch sie hätte es nur in einem anderen Studio machen und das Ergebnis per Post schicken können. Nicht gut genug für Schmit, der den Leuten beim Musizieren ins Gesicht sehen wollte. Jim Keltner, Keb‘ Mo‘, Graham Nash und Van Dyke Parks kamen, auch Dwight Yoakam und Kid Rock, die gemeinsam (!) einen Background-Chor sangen. Die Musik ist allamerikanisch, mit Westcoast, Country und Folk. Ist das Album ein Ausgleich für den Gigantismus der Eagles? Oder, anders gefragt, ist die ganze Platte ein Gegenentwurf zum geschäftsmäßigen, menschlich schwierigen Miteinander unter der Knute von Glenn Frey und Don Henley?

Nein, nein, so könne man das nicht sagen, gibt sich Schmit diplomatisch. „Wenn du in einer Gruppe bist, machst du viele Kompromisse, das wollte ich diesmal nicht. Immer, wenn ein Lied fertig war, habe ich es gleich aufgenommen.“ Schmit ist die Frage nach den immer streitenden Eagles leid, das kann man verstehen. In der Gruppenkonstellation kommt ihm die Rolle des Vermittlers zu, die er seit vielen Jahren wohl oder übel ausfüllt. „Es ist für mich sehr wichtig zu versuchen, Probleme schnell zu lösen“, erklärt sich Schmit. „Es macht mich nervös, wenn ich schwelende Konflikte sehe, wenn man doch bloß miteinander reden müsste, um sie aus der Welt zu schaffen. Ich erinnere mich an die letzten Tage meines Vaters, er war auch Musiker. Ich besuchte ihn im Krankenhaus, einer von seinen Musiker-Freunden war da, und ich fragte ihn draußen auf dem Parkplatz, was für ein Mensch mein Vater eigentlich war. Dein Vater, sagte er, wollte nie Ärger haben, sondern mit allen klarkommen. Ich dachte, oh, jetzt verstehe ich.“ (lacht) Schmit ist ein zarter, bescheidener Mensch. Man hat ja manchmal den Eindruck: Der ist ein bisschen esoterisch, so ein Spiritueller. Stimmt aber nicht. Schmit hat im Gegenteil Mühe, sich zu den paar religiösen Texten auf seiner Platte zu äußern und offenbart die Haltung des humanistischen Agnostikers. „Ich glaube, dass all die Religionsstifter doch im Grunde dasselbe predigen. Sei freundlich, tu deinen Mitmenschen etwas Gutes. Das sind gute Axiome, nach denen ich zu leben versuche.“ Zart und bescheiden, wie gesagt.

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