Heinz Rudolf Kunze über Landleben, John Cale und politische Popsongs

Ein Befreiungsschlag, eine Explosion: So nennt Heinz Rudolf Kunze sein neues Album "Hier rein – da raus", mit dem er das Akustikprojekt Räuberzivil weiterführt. 34 neue Stücke hat er dafür mit seinem Folk-Quartett in knapp zwei Wochen aufgenommen.

„Diese zwölf Tage gehören zu den schönsten, die ich je erlebt habe“, so Kunze euphorisch. Zu welchen elementaren Einschätzungen ihn das Leben sonst noch so gebracht hat, verrät er im Entweder/Oder.

Stadt oder Land?

Ich bin in einem Zweihundertseelendorf an der holländischen Grenze aufgewachsen. Das war wie im Wilden Westen: nur eine Straße mit Gehöften. Deshalb bin ich dem Land immer verbunden geblieben.

Sommer oder Winter?

Da ich kein Winterurlauber und kein Skifahrer bin, sind mir die Reize des Winters verschlossen. Wenn ich mal Zeit habe, fahre ich lieber ans Mittelmeer.

Western oder Mafiafilme?

Peter Handke ist ja ein großer Fan von John Ford. Und auch mich hat diese menschliche Kante, die in diesen Filmen angeboten wird – in Zusammenhang mit großartigen Landschaften –, geprägt.

Folk oder Country?

Wenn ich mir das Spätwerk von Johnny Cash anhöre, dann ist das in meinen Ohren nicht nur Country, sondern auch Folk. Das hat mit Woody Guthrie genauso viel zu tun wie mit Willie Nelson. Folk hat mich durch meinen früheren Gitarristen Mick Franke rein zeitlich eher erreicht. Er hat mir zum Beispiel Leute wie Paul Brady nähergebracht.

Lennon oder McCartney?

Ich war in meiner Jugend – wie alle in meinem Freundeskreis – natürlich kompromissloser Lennon-Fan, habe aber inzwischen entdeckt, dass McCartney ein ganz, ganz großartiger Musiker ist. Und wenn er nicht das Pech hätte, dass es die Beatles schon gibt, dann würde man seine Soloalben richtig fantastisch finden und auch mehr würdigen.

John Cale oder Lou Reed?

In einer sehr schönen Live-Kritik, die ich mal bekommen habe, hieß es: „Wann merkt dieses Land endlich, dass Heinz Rudolf Kunze der deutsche John Cale ist?“ Cale hat mehr Facetten als Reed, der wie John Lee Hooker im Prinzip immer denselben Song schreibt.

Pop oder Protest?

Protest ist oft peinlich, oft verkrampft, oft schlecht vorgetragen. Ich erinnere mich voller Grausen an manches Festival in den frühen 80er-Jahren, wo Leute mit verstimmten Gitarren auf der Bühne standen und sagten: „Übrigens, ich bin gegen Atomstrom“, und dafür Beifall bekamen. Andererseits muss man die Welt nicht heraushalten aus einem guten Popsong.

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