ICE-Geheimpolizei ist entsetzlich. Trumps Team lacht sich schlapp

Trump-Regierung benutzt Memes, um Demokraten und andere zu trollen, die sich über ihre brutalen Abschiebungstaktiken sorgen

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US-Präsident Donald Trumps Entscheidung, maskierte, bewaffnete Bundesbeamte zur Verhaftung von Gemeindemitgliedern einzusetzen, gehört zu den erschreckendsten Aspekten seiner zweiten Amtszeit.

„Geheimpolizei“ als sarkastischer Markenname

Die brutale Repressionskampagne von Immigration and Customs Enforcement (ICE) gegen undokumentierte Migranten im ganzen Land hat viele Aktivisten, Mitglieder der Öffentlichkeit und demokratische Politiker dazu veranlasst, die Behörde als eine neue Geheimpolizei zu bezeichnen. Trumps ICE führt Razzien in Einwanderungsgerichten, an Arbeitsplätzen und auf landwirtschaftlichen Betrieben durch. Die Beamten kleiden sich regelmäßig zivil, tragen Masken und Gesichtsverhüllungen zur Verschleierung ihrer Identität und verzichten auf Erkennungszeichen wie Abzeichen, Behördennamen oder andere Hinweise auf ihre Zugehörigkeit zu den Strafverfolgungsbehörden. „Das ist eine autoritäre, militarisierte Geheimpolizei; so etwas sieht man nicht in einer demokratischen Regierung“, sagte Abgeordneter Dan Goldman (D-N.Y.) Ende Juni.

Der New Yorker Stadtkämmerer Brad Lander – der letzten Monat von maskierten Beamten verhaftet wurde, als er einen Mann zu seiner Einwanderungsanhörung begleitete – kritisierte am Donnerstag in sozialen Medien Trumps „ICE-Beamte ohne Durchsuchungsbefehl, in Zivil, die sich hinter Masken verstecken“, und fügte hinzu, dass er stolz darauf sei, ein Landesgesetz „zur Beendigung der ICE-Operationen im Schatten“ zu unterstützen.

Das X-Konto des Heimatschutzministeriums zeigte sich empört, dass Lander ICE-Beamte mit einer „Geheimpolizei“ vergleiche. Es nannte diese Rhetorik „abscheulich“. Wobei behauptet wurde, die Beamten „identifizieren sich verbal“ und trügen Namensschilder. Das Weiße Haus veröffentlichte am selben Tag eine Pressemitteilung mit der Behauptung, „Demokraten inspirieren bösartige, eskalierende Angriffe auf ICE“. Es bestand darauf, dass die „Angriffe in den letzten Tagen noch dreister geworden sind“. In der Mitteilung kritisierte das Weiße Haus Goldman und Chicagos Bürgermeister Brandon Johnson für die Verwendung des Begriffs „Geheimpolizei“.

Memes, T-Shirts, Trollerei

Öffentlich widerspricht die Regierung zwar dem Vorwurf, ICE operiere wie eine „Geheimpolizei“, hinter verschlossenen Türen aber ist es Politik. Und ein lustiges Meme.

In den letzten Wochen – laut zwei Regierungsbeamten und zwei weiteren Republikanern mit Nähe zum Trump-Weißen Haus – hat sich ein Teil der extremen MAGA-Fraktion innerhalb der Regierung, meist im Privaten, den Begriff „Geheimpolizei“ zu eigen gemacht. Einfach, um auf sarkastische Weise die Kritik der Linken an Trumps ICE-Einsätzen zu kontern.

Ein Regierungsbeamter sagte gegenüber ROLLING STONE, dass er in lockeren Gesprächen mit anderen Trump-Mitarbeitern und Beratern „definitiv vorgeschlagen“ habe, „GEHEIMPOLIZEI“ auf T-Shirts und Merch drucken zu lassen. „Um es irgendwie badass aussehen zu lassen“. Aber das sei „nicht so leicht durchzubekommen wie das Fahndungsfoto des Präsidenten oder ‚stolzer Abschaum‘.“

Ein weiterer Regierungsbeamter erzählte von einem wiederkehrenden „Witz“, den er Kollegen stelle, wenn er sich nach dem Stand der föderalen Einwanderungseinsätze erkundigt. „Was macht denn die Geheimpolizei heute?“ Er betonte: „Wir machen uns einfach nur ein bisschen Spaß draus. Ich denke nicht wirklich, dass ICE eine Geheimpolizei ist.“

Ganz sicher machen sie sich einen Spaß daraus. Eine Quelle mit Nähe zum Weißen Haus teilte einen Screenshot eines Gruppenchats, den ROLLING STONE bestätigen konnte – mit mindestens zwei Trump-Ernannten – in dem ein MAGA-Loyalist ein selbstgemachtes Meme mit Abgeordneter Alexandria Ocasio-Cortez (D-N.Y.), den Worten „Trumps Geheimpolizei“ und einem Bild von Sylvester Stallone als Judge Dredd schickte.

Offizielle Memes zu ICE-Razzien

Drei dieser MAGA-Quellen berichten, dass sie, zusammen mit anderen Personen im Umfeld Trumps und der Regierung, regelmäßig ihre Lieblings-Pro-ICE- und Pro-„Geheimpolizei“-Memes austauschen, die sie in rechtsextremen Internetforen finden. Einige hätten intern vorgeschlagen, besonders „geile“ Bilder von Trump auf Truth Social posten zu lassen. Oder vom Weißen Haus oder dem Heimatschutzministerium promoten zu lassen. Bislang jedoch ohne Erfolg.

Das bedeutet aber nicht, dass das Weiße Haus oder das Heimatschutzministerium keine eigenen Memes zu ICEs Brutalisierung von Menschen posten.

Abgeordneter Jimmy Gomez (D-Calif.) reagierte am Donnerstag auf ein Video, das ICE bei einer Razzia auf kalifornischem Farmland zeigt, mit der Frage, wie viele mutmaßliche Gangmitglieder wohl „morgens um 3 Uhr aufstehen, um Erdbeeren zu pflücken? Ach ja, null!“

„Trump sagte, er würde ‚böse Jungs‘ jagen. Aber er zielt auf die Einwanderer-Feldarbeiter, die Amerika ernähren. Entweder hat er gelogen. Oder er kann nicht unterscheiden“, schrieb Gomez.

Das Weiße Haus antwortete mit einem bearbeiteten Bild von Gomez mit offenem Mund. Schluchzend. „SiE sInD nUr ErDbEeRpFlÜcKeR“, lautete die Bildunterschrift. „Das ist kein Obst, Kumpel. DAS IST PRODUKT“, schrieb das Weiße Haus. Und behauptete, in den durchsuchten Feldern würde Marihuana angebaut.

Am Freitag postete das Weiße Haus ein Bild eines Posterboards auf dem Rasen des Weißen Hauses mit ähnlicher Schriftart. Sowie dem Text: „oMg, haT daS wEiße hAuS dAs WiRkLiCh GePoStEt?“ Die begleitende Bildunterschrift lautete: „Nirgendwo in der Verfassung steht, dass wir keine krassen Memes posten dürfen.“

Online-Rechte jubelt: „Genau dafür habe ich gewählt“

Die Meme-Strategie zur Bewerbung ihrer harten Anti-Immigrationspolitik verfolgt das Weiße Haus schon seit Monaten. Im Februar postete das Weiße Haus ein Social-Media-Video mit dem Titel „ASMR: Abschiebungsflug illegaler Ausländer“, das sich über gefesselte Migranten lustig machte, die mit Ketten aneinandergekettet in ein Flugzeug geführt wurden. Und im März verbreiteten offizielle Accounts Cartoons, die per KI erzeugt wurden und einen weinenden Migranten bei der Festnahme durch ICE zeigen. Im Stil des japanischen Animators Hayao Miyazaki von Studio Ghibli. Und im Juni veröffentlichte das Heimatschutzministerium ein Video von ICE-Verhaftungen mit dem Song „Ice, Ice, Baby“.

Trotz der breiten Kritik bleibt das Weiße Haus, insbesondere sein Social-Media-Team, entschlossen, seine hyperdigitale, meme-lastige PR-Strategie fortzusetzen, um seine Einwanderungspolitik der Öffentlichkeit zu verkaufen.

Die Online-Rechte ist begeistert. Varianten des Satzes „Dafür habe ich gewählt“ sind zum triumphalen Spruch geworden. Die Standardantwort auf jede Empörung über das Verhalten von ICE-Beamten. Videos von maskierten Beamten bei Razzien, die Migranten grob festnehmen, gelten als genau der Grund, warum Trumps Anhänger ihn wieder ins Weiße Haus gewählt haben. In einem X-Post mit über einer halben Million Aufrufen wies die rechte Kommentatorin Chaya Raichik („Libs of TikTok“) eine Aussage eines Fox-News-Moderators zurück. Der meinte, viele Republikaner hätten „nicht dafür gewählt, dass Leute bei Home Depot oder vor Einwanderungsgerichten auftauchen.“

„FALSCH“, schrieb Raichik. „Genau dafür habe ich gewählt! Ich habe für MASSENABSCHIEBUNGEN jedes illegalen Ausländers gestimmt.“

Als der Männermode-Autor Derek Guy letzten Monat auf X zugab, als Kind ohne Papiere aus Kanada in die USA gekommen zu sein, antwortete Vizepräsident J.D. Vance mit einem Meme von Jack Nicholson, der zustimmend nickt, als ein Nutzer vorschlug, Vance solle „die Chance nutzen, das Witzigste aller Zeiten zu tun“. Nämlich Guy abschieben zu lassen.

Aktivisten kriminalisiert, Politiker bedroht

Natürlich wollen die Berater des Präsidenten, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Regierung, ihren Spaß haben. Gleichzeitig versuchen sie aber, der Linken und gewählten Demokraten jede Gewalt, die ICE bei Trumps oft gesetzlosen Repressionen entgegenschlägt, anzulasten.

„Das ist die Bettnässer-Partei. Die heutige Demokratische Partei ist hysterisch und gehört verspottet. Aber sie ist auch gefährlich“, sagt der konservative Anwalt Mike Davis. Ein enger Trump-Vertrauter und eine Schlüsselfigur in der juristischen MAGA-Szene. „Ihre Rhetorik [über ‚Geheimpolizei‘ und andere Dinge] führt zu Hinterhalten gegen Bundesbeamte im Dienst.“

Trumps Regierung wirft Aktivisten und Organisatoren, die in Gemeinden über ICE-Aktivitäten informieren oder Migranten beraten  vor, die Justiz zu behindern. Wie den Machern der App ICE. BlockTrump spielte mit dem Gedanken, Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom während der Razzien in Los Angeles verhaften zu lassen. Trumps „Grenzzar“ Tom Homan drohte Abgeordneter Ocasio-Cortez mit Strafverfolgung, nachdem sie in einem Instagram-Live-Stream undokumentierten Migranten Tipps gegeben hatte.

Die demokratische Abgeordnete LaMonica McIver (D-N.J.) wurde angeklagt, ICE-Beamte bei der Verhaftung von Newarks Bürgermeister Ras Baraka während einer Kongressuntersuchung in einem New Jersey-Haftzentrum angegriffen, behindert und eingeschüchtert zu haben.

McIver plädierte auf nicht schuldig. „Sie werden mich nicht einschüchtern“, sagte sie vor dem Gericht. „Sie werden mich nicht daran hindern, meinen Job zu machen.“