Irmin Schmidt komponierte eine Rock-Oper

Die sogenannte Rock-Oper ist ein Genre, das bizarre Blüten treibt: Hybris und Gigantismus sind nie fern, wenn Rocker ins Opernhaus einfallen. Pete Townshend etwa schenkte uns den irrwitzigen Psychedelik-Schlock „Tommy“ und fand danach nie wieder so recht zu sich selbst; eine dauerhafte Inszenierung in Bochum scheiterte vor ein paar Jahren bald an der Unlust des Publikums. Es ist ein eitel Tun und endet bestenfalls im Musical – mitnichten vereint die Rock-Oper das Beste beider Welten.

Irmin Schmidt ist der Eitelkeit eher unverdächtig, der Prätention nicht unbedingt Sein unlängst ausgerechnet in Wuppertal ur-aufgeführtes „Gormenghast“ ist die Adaption eines Mystik-Schmökers von Mervyn Peakes, den Kenner in der Nähe des Märchenonkels Tolkien ansiedeln, ihn gar über den geschätzten Autor von „Herr der Ringe“ stellen. Zu einem Libretto des britischen Schriftstellers Duncan Fallowell arrangierte Schmidt ein Orchester, das vom Band eingespielt wird, und läßt ein Streichquartett im Graben fiedeln. Die Gesangsdarbietungen schwanken zwischen Rock-Stimmen und klassischem Opern-Belcanto – auch hier eine höchst zwielichtige Symbiose.

Die Geschichte eines durch Inzest geschädigten Adelsgeschlechts, das in einem schaurigen Schloß haust und die Domestiken von einem fleischigen Koch kujonieren läßt, eignet sich zum Grusical. Nach der Uraufführung vermerkte die „Frankfurter Rundschau“ etwas irritiert: „Eine krude Mischung – aus Singsang und Tingeltangel, aus Trallala und Traumata. Entweder findet man’s trivial, oder man nimmt’s philosophisch.“ Irmin Schmidt mag’s zufrieden sein.

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