John Grant live: Bezaubernde Schwermut, dunkel brütende Beats

John Grants Songs handeln von der Unmöglichkeit der Liebe in einer Welt des maximalen Sprachen- und Gefühlsgewirrs – und sind wie geschaffen für die intime Atmosphäre des Baltic Festsaals beim ROLLING STONE Weekender.

Der Baltic Festsaal ist genau der richtige Ort für John Grant: Hier sind die Decken flach, die Menschen drängen sich aneinander und manchmal spürt man sogar den Atem des Hintermanns. Diese von Selbstzweifeln und unheilverhangener Schwermut getränkten Lieder brauchen die Abgeschlossenheit eines solchen kammerähnlichen Tanzsaals, um ihre Wirkung zu entfalten.

Der amerikanische Sänger, der inzwischen in Island lebt, verblüfft sein Publikum schon mit den ersten Worten, weil er akzentfrei Deutsch spricht und ungeniert seine Liebe zu den Songs von Nina Hagen bekundet. Wer hätte das gedacht? Wie von Sinnen schmettert Grant die Songs seiner neuen Platte „Grey Tickles, Black Pressure“ – die allesamt von der Unmöglichkeit der Liebe in einer Welt des maximalen Sprachen- und Gefühlsgewirrs handeln – in den Raum.

Godzilla passt mit auf
Godzilla passt mit auf

Jeder Ton stimmt, die Dramaturgie wählt der Musiker geschickt aus dem facettenreichen Reservoir seiner drei durchweg großartigen, empfindsamen Solo-Alben.

Amanda kommt

Vor allem „Pale Green Ghost“, ein geradezu unheimlicher, von dunkel brütenden Beats angetriebener Synthietrack, begeistert. Grants souliger, faszinierend lauter Bariton trägt live noch wesentlich mehr zur Subtilität seiner von bitterschwarzem Humor („Jesus Hates Faggots“) und Selbstmitleid („Greatest Motherfucker“) nahezu platzenden Songs bei als auf seinen Platten.

Zum Höhepunkt gerät schließlich der Schluss des eindringlichen Konzerts, als sich Amanda Palmer, die schon am Nachmittag gespielt hatte, im Korsett und mit sehnsuchtsvollem Blick zu Grant auf die Bühne gesellt, um mit ihm das gemeinsam eingespielte Lied „You And Him“ zu zelebrieren.

Martin von den Driesch
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