Mitglied im Club des Modern Bock

Aber noch ohne Clubhaus: Tonic klingen wie viele junge amerikanische Bands, haben mit einem "American Pie"-Song jedoch schon abgeräumt

Es gibt schlimmere Schicksale als das von Tonic. Das erste Album („Lemon Parade“) gleich ein Platinerfolg, die Debütsingle („If You Could Only See“) ein weltweiter Radiobit. Aber nach ihrem Durchbruch 1997 folgte doch eine recht strapazöse Zeit. Zweieinhalb Jahre lang waren die drei Kalifornier auf Tour, dann pausierten sie sechs Monate, „um wieder Menschen zu werden“ und Songs zu schreiben. Auch danach konnte sie kein Termindruck irritieren. „Wir haben ein Haus an einem See bei Austin, Texas, gemietet und uns eine Menge Zeit gelassen.“ Sänger Emerson Hart wirkt sehr zufrieden.

Das neue Album heißt „Sugar“, klingt mindestens so kraftvoll wie das Debüt und schüttelt Melodien aus dem Ärmel, für die manche anderen „Modern Rock“-Bands lullen würden. Die Single „You Wanted More“ tauchte schon beim Soundtrack zu „American Pie“ auf und verkaufte dementsprechend – auch wenn viele Hörer nicht gleich den Namen Tonic riefen, als sie den Song hörten. Könnte ja auch Semisonic sein. Oder Matchbox 20. Oder-Dass kommerzieller Rock mit positiven Texten, ohne böse Ecken und Kanten und ohne erkennbaren Unterscheidungsgehalt in den USA gerade gut läuft, kommt Tonic natürlich auch zugute. Als eine Band von vielen fühlen sie sich nicht, aber eine gewisse Ähnlichkeit zu anderen lebenden Personen ist nicht abzustreiten, wie auch Drummer Jeff Russo zugibt: „Wir sind mit all diesen Typen befreundet, besonders mit Creed. Uns allen geht es eben um gute Lyrics und Rockmusik. Natürlich fühlen wir uns mit denen mehr verbunden als mit einer Rap-Gruppe.“ Trotzdem fügt Emerson hinzu, um den Jugendgruppen-Charakter zu vermeiden: „Es gibt kein geheimes Clubhaus.“

Feiern können Tonic auch im Studio. Die Stimmung ist bei dem Trio meistens gut, auch wenn nicht unbedingt Demokratie herrscht Emerson ist immer noch Hauptsongschreiber und alleiniger Lyriker der Band, „aber der Rest sollte diesmal eher eine kreative Ehe sein.“ Die beste Voraussetzungen hat, um von Dauer zu sein. Bassist Dan Lavery weiß, wie wichig Diplomatie ist „Natürlich sagen wir manchmal zu Emerson: „Du bist zu besseren Zeilen fähig.‘ Man kann ja nicht einfach sagen: ,So ein Mist, du bist ein untalentierter Idiot!‘ Das wäre ja Selbstmord bei dem Druck, unter dem man im Studio sowieso steht.“ Da Emerson nicht unter Selbstüberschätzung leidet („Das Sänger-Syndrom hat mich noch nicht erwischt“), hört er sich jede Kritik an. Und schaltet nach getaner Arbeit komplett ab, und zwar mittels einer verblüffenden Entspannungshilfe: „Wenn ich den ganzen Tag Musik mache, kann ich am Ende nur noch Klassik hören. Das radiert alle Gedanken an unser Album weg und rückt die Perspektiven gerade. Gegen diese Komponisten sind wir nur ein Witz.“ Aber kein schlechter.

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