Nacktes Herz

Die US-Songwriterin Shannon Wright setzt auf Gefühlsausbrüche und konsequente Ehrlichkeit

Irgendwer hat behauptet, die Musik von Shannon Wright sei empfindlieh wie die von Lou Reed, einfach wie die von Erik Satie und explosiv wie die von Jimmy Page. Die Songwriterin, die in Atlanta/Georgia lebt, zieht solche Komplimente zwar den ständigen Vergleichen mit PJ Harvey vor, wenn sie sich aber zwischen Reed, Satie und Page entscheiden müsste, fällt ihr die Wahl nicht wirklich schwer: „Mit den vielen Facetten, die er in seine Spielen einbaut, hat mich Jimmy Page am meisten beeinflusst.“

Wer Shannon Wright schon einmal live erlebt hat, weiß, was sie damit meint. Im Gegensatz zu ihren Auftritten, die oft Gefühlsausbrüche inszenieren, wirkt das Album „Let In The Light“ beherrscht – trotz der emotionalen Abgründe, die sich in den Songs auftun. Dass die Platte musikalisch ein weniger sanfter klingt als der von Steve Albini produzierte Vorgänger „Over The Sun“ von 2003, liege aber nicht daran, dass sie zuletzt mit dem französischen Komponisten Yann Tiersen („Die fabelhafte Welt der Amelie“) ein Album gemacht habe: „Es hat viel Spaß gemacht, mit Tiersen zu arbeiten, aber ich würde nicht sagen, dass diese Erfahrung das neue Album beeinflusst hat.“

Die Frau, deren Karriere als Sängerin und Gitarristin der Indiepop-Band Crowsdell begann, die es trotz Stephen Malkmus‘ Unterstützung 1995 nur auf ein Album („Dreamette“) brachte, macht inzwischen sowieso lieber allein Musik: „Ich arbeite als Songwriterin genauso allein, wie es ein Schriftsteller tut. Ich habe meine eigenen Ideen, und ich muss sie so ausdrücken, wie ich sie sehe – nicht durch die Augen von jemand anders.“

Schließlich gibt sie auf ihren Alben sehr viel preis von sich selbst. Da hat sich ihr Ansatz seit dem Solodebüt „Flight Safety“ (1998) nicht wirklich geändert. „Mir ging es schon immer um Ehrlichkeit, um die Dinge, die schön sind, um die, die hässlich sind, und um alles, was dazwischen liegt“, sagt sie. „Auf der neuen Platte fühle ich mich aber trotzdem verletzlich wie nie zuvor: Das Album ist wie ein ungeschütztes Bad in Gefühlen. Da ist kein Mantel, um das Herz zu bedecken.“

Darum hat Shannon Wright bei den elf Songs des Albums die meisten Instrumente wieder selbst eingespielt, hat nur die Schlagzeug-, Bass-und Violinenparts aus der Hand gegeben. Mal entwickeln sich die Stücke aus stockenden Pianomelodienheraus wie in „Defy This Love“, mal aus störrischen Gitarrenriffs wie in „In The Morning“. Und in der Art, wie sie mit ihren Instrumenten umgeht, lässt sich der gleiche Konflikt entdecken, der die Beziehungen prägt, die Shannon Wright in ihren Songs seziert: „An der Gitarre ist es einfacher für mich, die kann ich kontrollieren, sie gehört mir, sie tut das, was ich will“, sagt sie, „am Klavier ist das anders: Das Klavier ist der Boss, es verlangt Respekt, aber es ist auch ein wunderbares Instrument, das dir eine unglaubliche Fülle an Möglichkeiten gibt, Dinge auszudrücken.“

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