Nennen wir es Popstep

BEVOR ALUNA FRANCIS und George Reid ihre beiden Vornamen wie auf einem Scrabble-Brett zusammenschoben, um gemeinsam Songs zu schreiben, waren sie in zwei sehr unterschiedliche Bandprojekt verstrickt: George spielte in einer Rockband und tüftelte hobbymäßig mit Musiksoftware herum, Aluna war Sängerin eines experimentellen Elektro-Kollektivs. Gemeinsam hatten sie zunächst nur ihre Heimatstadt London und Spaß am Musikmachen. Dass am Ende dabei eine ebenso betörende wie futuristische Mischung aus R &B und Elektro-Pop herauskommen ist, war „im Prinzip reiner Zufall“, wie George sagt, „ein glücklicher Zufall“.

Die beiden Mittzwanziger kichern kurz, als sie von der Anfangszeit erzählen: „Angefangen hat das überhaupt nicht, weil wir Teil einer Dubstep-, HipHop-oder House-Szene waren. Wir saßen einfach vor Georges MacBook und haben herumgealbert“, sagt Aluna. Auch äußerlich sind sie ein gegensätzliches Paar -er ist der Typ blasser, britischer College-Boy, ein wenig scheu, aber bestimmt; sie erinnert mit ihrer souveränen Ausstrahlung und der angenehm vorwitzigen Art eher an die junge Neneh Cherry. Trotzdem wirken sie sehr vertraut nebeneinander auf der Hotelcouch Stunden vor ihrem ersten Berlin-Konzert, fallen sich gegenseitig ins Wort und beenden die Sätze des anderen.

Die Musik auf ihrem Debütalbum „Body Music“ klingt weniger wahnwitzig -vielmehr sogar leichtfüßig-beschwingt – als die Stilmischung vermuten lässt. Sie klingt nach Neunziger-R&B, nach Aaliyah und Timbaland, aber auch nach Britpop und HipHop-Hooks, manchmal sogar nach Dub-und House-Elementen und dem Brainfeeder-Label von Flying Lotus. Alunas quietschigsüßliche, aber dennoch betörende Stimme legt sich in Songs wie „Your Drums, Your Love“,“Just A Touch“ oder „You Know You Like It“ erfrischend gutgelaunt über Georges Beats, die eine erstaunlich sichere Balance finden zwischen kommerziellen Pop-Sounds, explorativen Cut-up-Techniken und frickliger Breakbeat-Rhythmik. Im Gegensatz zu anderen erfolgreichen UK-Elektromusikern der vergangenen Jahre wie James Blake, Burial oder Jamie Woon kippt der Sound von AlunaGeorge aber nie vollends in das bedrohlich-tiefe Basswummern des Dubstep über, sondern bleibt stets auf der heiteren Seite der Tanzfläche – „Popstep“ könnte man das nennen. Melodiös und fröhlich ist ihre Musik, die sich bei R&B-Motiven ebenso spielerisch bedient wie bei dem Maschinen-Krächzen des 2Step.

Herausgekommen sind dabei zuallererst eingängige, tanzbare Popsongs der Art, die man Ohrwürmer nennt. Doch gehen AlunaGeorge unkonventionell genug mit dem musikalischen Material um, dass kleine Brüche entstehen und eine eigentümliche Spannung. Britisch sei diese musikalische Qualität, sagt Aluna am Ende des Gesprächs, wohl vor allem im Sinne des typischen, trockenen Humors ihres Heimatlandes. „Dieses Sich-selbst-nichtzu-ernst-Nehmen, diese Leichtigkeit -das ist vielleicht das größte Geheimnis unsere Musik.“

Im Grunde, so hat man beim Hören dieses tollen Debütalbums das Gefühl, sitzen die beiden immer noch am liebsten gemeinsam vorm Notebook und jonglieren mit den Möglichkeiten – Hauptsache, es macht Spaß.

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