Neuer Anfang

Von der Industrie enttäuscht, reaktivierten die COWBOY JUNKIES einfach ihr eigenes Label

Es hätte so schön werden können. Endlich hatten sie das starke Album, das nach mehr roch, ohne die Identität der Band auf dem Basar kommerzieller Zumutungen zu Markte zutragen. Doch „Miles From Our Home“ versank 1998 im Handumdrehen in den Sturmfluten der Polygram-Universal-Fusion. Nicht bloß „enttäuscht“, nein, „furchtbar wütend“, seien sie damals gewesen, erinnert sich MichaelTimmins, Songwriter der Cowboy Junkies. Seine schöne Schwester Margo sitzt wie gehabt neben ihm. Und man fragt sich kurz, wie sie wohl wütend aussehen müsste.

Rückblickend, so Michael, wäre es besser gewesen, einfach abzuwarten, um das Album später zurückzukaufen. Doch Geffen drängte zum Release, wollte die letzten Dollar aus den ersten Verkäufen noch mitversilbern. „Wir hatten schon ein komisches Gefühl, aber dass es so mies laufen würde, ahnte niemand.“ Ihr Manager damals auch nicht – weshalb er längst von seiner Tätigkeit entbunden wurde.

Bands mit Ego-Konflikten hätte diese Erfahrung womöglich zum Split getrieben. Die Kanadier aber rückten gleich aus auf große Tournee, wo „wir uns schon immer am meisten als richtige Band gefühlt haben“, so Michael. Keine Zeit also, Wunden zu lecken, zumal nach dem Industrie-Aus „sofort der Gedanke da war, unser altes Label zu reaktivieren“. Auf Latent hatten die Junkies schon die Frühwerke „JVhites Off Earth Now“ und „The Trinity Session“ veröffentlicht, jene heilige Song-Messe, die ihnen ’88 den Sprung zur Industrie ermöglichte.

Eine Rarities-Compilation und der Live-Mitschnitt „Waüz Across America“ brachte die Indie-Konstruktion via Internet und Lizenz-Deals wieder ins Rollen. „Open“ ist nun wieder das erste „richtige“ Album unter eigener Flagge. Die Wut über ihr wohl letztes Industrie-Kapitel ist inzwischen längst verraucht. Zumal sie die Erinnerung an „Miles From Our Home „-Produzent John Leckie nicht nur zum Kern der Sache, sondern auch schnell zum Lachen bringt Michael Timmins muss den Kollegen bewundern: „John ist mehr als 30 Jahre dabei und immer noch Musik-Fan. Wenn er frei hatte, rannte er in den nächsten Plattenladen, nach der Studioarbeit in den nächsten Club, um eine Band zu sehen. Das ist wohl das Letzte, was uns einfallen würde.“

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