Nicht zuletzt HipHopper machten Tommy Hilfiger zum erfolgreichen Pop-Schneider. Nun erweist sich der Coup als Liaison dangereuse

Er hat Jagger, Bowie und Sheryl Crow eingekleidet. Vor allem aber hat er Scharen von HipHop-Stars in seine viel zu großen Hosen und T-Shirts gesteckt, auf denen in riesigen, blau-weiß-roten Lettern der Name Hilfiger leuchtet. Das ist US-Patriotismus der schulterklopfenden Art: Tommy Hilfiger hat die Farben der amerikanischen Flagge in einem Trademark mit hohem Wiedererkennungswert vereint und ist mit dieser Form der Freizeitmode auch zum erfolgreichsten Pop-Schneider der USA aufgestiegen. Seit kurzem aber ist der Enkel bayrischer Einwanderer in die Negativ-Schlagzeilen geraten: In einer weltweiten E-mail-Kampagne wurde Hilfiger ab übler Rassist beschimpft. Als Absender der Mails wird ein ominöser „Freund eines Freundes“ in New York genannt. Und der behauptet, der US-Modeschöpfer habe in der Talkshow von Oprah Winfrey Ungeheuerliches gesagt: „Wenn ich gewußt hätte, daß Afro-Amerikaner, Hispanier, Juden und Asiaten meine Kleidung kaufen, hätte ich sie nicht so schön designt“, soll er gesagt haben. Und weiter: „Ich wünschte, diese Leute würden meine Kleider nicht kaufen, denn sie sind für weiße upperclass-Leute gemacht.“ Die E-mail-Botschaft endet mit einem wütenden Boykott-Aufruf: „Stoppt den Rassisten, kauft seine Kleidung nicht, macht ihn bankrott.“

Das Statement von Oprah Winfrey, die bereits am 11.1.’99 erklärt hatte, Hilfiger sei nie in ihrer Show aufgetreten, wurde in der ersten Medien-Aufregung ebenso ignoriert wie Hilfigers Dementi, er habe nie Derartiges gesagt weder bei Winfrey noch in anderen Talk-Shows. Tatsache ist auch, daß bereits vor zwei Jahren ähnliche Behauptungen über den smarten Modemann in Umlauf gebracht wurden. Daß sie ausgerechnet jetzt, da Hilfiger in Europa mit seiner neuen „Red Label -Kollektion auf den Markt der Hochpreis-Mode drängt, wieder aufgewärmt wurden, hat die Spekulationen ins Kraut schießen lassen. Insider halten es für durchaus plausibel, daß der expansionsfreudige Designer mit der Cyber-Kampagne gezielt geschädigt werden soll.

Im Interview legt Hilfiger Wert auf die Feststellung, daß in seinen Modeschauen und seinen Anzeigen Models aus allen ethnischen Gruppe vertreten seien. Auch die Vorwürfe, er wolle sich von der Vereinnahmung durch die Rap-Szene distanzieren, weist er ebenso vehement wie glaubwürdig zurück. „Die Musik von den Stones oder aber Sheryl Crow inspiriert mich ebenso wie HipHop. Für mich ist beides pop culture.“ Daß die HipHop-Kids seine Sport-Shirts zu ihren eigenen, ganz anderen Status-Symbolen umgedeutet haben, hat Hilfiger vor allem Snoop Doggy Dog zu verdanken. Der umstrittene Rapper war einer der ersten, der sich mit Hilfiger-Outfit im US-Fernsehen zeigte – ein Auftritt, der in den Tagen danach einen wahren Run aulöste. „Das war ein nettes Kompliment“, sagt Hilfiger. In seiner PR-Mappe hat er alle prominenten Kleiderträger alphabetisch aufgelistet: Neben Snoop Doggy Dog, Coolio und Spike Lee werden da auch Pete Townshend, Phil Collins, Bill Clinton und Prince Charles genannt. Der Mann, der vom Tankwart und Jeansverkäufer zum Modezar aufstieg, hat schon früh erkannt, daß hübsche Models allein eine Marke nicht mehr ausfüllen. Popund Film-Stars hingegen haben eine Biografie und einen Lebensstil, mit dem seine Kollektionen identifiziert werden können. Im Idealfall erweckt das bei den Kunden den Eindruck, die Modemarke sei indirekt mitverantwortlich für den Erfolg der Stars. Im schlimmsten Fall färbt aber auch das Negativ-Image eines Prominenten auf die Marke ab. Die Kriminalisierung der Rap-Szene (auch Coolio und Snoop Dog mußten vor den Kadi) hat Teile von Hilfigers Freizeit-Mode eher abgewertet. Sein „Red Label“ soll den Markennamen nun in neuem Glanz erstrahlen lassen. Die Kollektion war erstmals bei der Eröffnung des neuen „Flagshipstores“ in London zu begutachten. Und ungeachtet der Internet-Kampagne gab sich die Prominenz die Klinke in die Hand. Hilfiger indes wird sich seine Kundschaft künftig genauer anschauen. Er hat Lehrgeld zahlen müssen für die Erkenntnis, daß die medienwirksame Allianz mit prominenten Multiplikatoren letztlich eine liaison dangereuse ist.

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