Nur beim Drogenkonsum sind PRIMAL SCREAM pingelig, sonst mag die Supergroup offene Systeme

Auf zwei in Großbritannien verkaufte Primal Scream-Platten kommt mindestens ein verkauftes Primal Scream-T-Shirt Das ist geschätzt, aber wahrscheinlich, weil die Band wie eine Fußballmannschaft verehrt wird, der man Niederlagen verzeiht. Platte noch nicht veröffentlicht, trotzdem: „Shepherds Bush Empire“ Ende Juni zwei Mal ausverkauft, das schaffen sonst nur Oasis. Die zwei Bands darf man gleichzeitig lieben, sie sind keine direkten Konkurrenten. Genau gesehen sind Primal Scream das Gegenteil von Oasis, wie Frontmann Bobby Gillespie das Gegenteil von Noel Gallagher ist. Die beiden haben sich nie gestritten.

Also: Oasis haben sich immer über Ausschlussverfahren definiert – besser als die anderen, Mitglieder nur von Gallaghers Gnaden, Rock’n’Roll und sonst nichts. Primal Scream ist seit der Gründung 1985 musikalisch und personell ein offenes System. Nur so wurden sie eine Supergroup, ein Sammelpunkt für Gitarrenpop-Helden, die für Solokarrieren zu antriebsschwach waren, Mani (Stone Roses), Martin Duffy (Feit), Kevin Shields (My Bloody Valentine) neben Gillespie und Kompagnon Andrew Lines. Der größte Hit „Loaded“: ein Tanz-Mix ohne Gesang, eigentlich die Show von Remixer Andrew WeatheralL Eine Kränkung für andere Bands wäre das, für Primal Scream ist es eine Ehre.

„Andrew Innes und ich gehen jeden Tag ins Studio und machen Musik“, beschreibt Gillespie die Arbeit, „und jeder, der sonst noch vorbeikommt, macht mit. Wenn sie gute Ideen haben, werden die Ideen benutzt. Es geht nicht mit fünf Leuten gleichzeitig. Es geht nicht.“ Um etwas zu betonen, wiederholt er es ein paar Mal, laut redet er nie. Gemessen an dem, was von „Evil Heat“ vorab zu hören war, ist es die abwechslungsreichste Platte der Band, mit Krautrock à la Neu!, explosivem Detroit-Punk, einem Heroinspritzen-Blues mit Robert Plant an der Harmonika und Kate Moss als Nico-esker Duett-Partnerin bei Hazlewoods „Some Velvet Morning“. „Bei ,Give Out But Don’t Give Up‘ (von 1994, d. Red) haben wir zum letzten Mal als richtige Band aufgenommen, und die Platte ist ein mieses Chaos. Der Gitarrist will in jedem Lied spielen, der Bassist auch, der Schlagzeuger… Es geht nicht. Man muss schauen, was für die Musik gut ist, nicht, was den Musikern gut tut. Musiker sind Egoisten.“

In der Anti-Hierarchie steckt auch Gillespie zurück. An einigen Stücken von „Evil Heat“ hat er selbst nicht teilgenommen, und nur bei einem (berüchtigten) Thema wird er kategorisch wie ein Gallagher: „Das Einzige, was ich zum Musikmachen nehme, ist Speed. Immer Speed. ‚Screamadelica‘ war nicht etwa E, sondern Speed. Speed.“ Er wiederholt es noch ein paar Mal.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates