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Birgit Fuß fragt sich durchKolumne

Pumuckl im Kino: Exzentrisch wie ein Sänger

Die Poesie eines hochmusikalischen Kobolds: Wie verzaubert der Pumuckl immer wieder auch Erwachsene?

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Poeten kommen im ROLLING STONE ja häufiger vor. Jetzt soll es allerdings nicht um Bob Dylan oder Patti Smith, Bruce Springsteen oder Michael Stipe gehen. Der erste Poet, der mich nachhaltig beeinflusst hat, war nämlich ein ganz anderer: der Pumuckl. Wenn der Kobold, der jahrelang in einer Münchner Werkstatt herumgeisterte, seine schiefen Gedichte vortrug, war das in meinen Ohren die schönste Musik: die pure Freude am Reimen und Singen, und ja, im Grunde daran, am Leben zu sein. Ist das nicht ein Sinn von Kunst? Die Hörspiele waren der beste Einschlaf-Sound, lange bevor die Serie 1982 ins Fernsehen kam. Aber spätestens dann war die Stimme vom Pumuckl nie mehr aus dem Gehirn zu kriegen – von wie vielen Sängern kann man das schon behaupten? (Ein, zwei Dutzend vielleicht.) „Hurra, hurra, der Kobold mit dem roten Haar! Hurra, hurra, der Pumuckl ist da!“ Er war so was von da, und wenn es ein Synonym für Heiterkeit gibt, dann ja wohl ihn. Gegen ihn war selbst Pippi Langstrumpf eine Melancholikerin.

Hurra, hurra, der Pumuckl ist wieder da!

Vor einer Weile ist der Pumuckl auferstanden, erst in einer RTL+-Serie, ab 30. Oktober auch im Kino: In „Pumuckl und das große Missverständnis“ dichtet sich der kleine Kerl wieder um Kopf und Kragen, er treibt reichlich Schabernack und wickelt seinen Meister am Ende doch wieder um den Finger. Maximilian Schafroth krächzt den Pumuckl, doch man hört immer noch Hans Clarin, die KI macht’s möglich – endlich mal eine sinnvolle Anwendung. Und Florian Brückner ist als Gustl Bayrhammers ebenfalls schreinernder Neffe, als neuer Meister Eder also, sympathisch und dabei verschroben genug.

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Regisseur Marcus H. Rosenmüller hat die Poesie vom Pumuckl verstanden und seinen anarchischen Geist eingefangen, ebenso seinen Hang zur Sentimentalität. Der Pumuckl ist eigentlich eine perfekte Pop-Figur, denn hinter dem flamboyanten Äußeren steckt ein großes Herz, und nur deshalb darf er sich so viel erlauben. Es kann kein Zufall sein, dass Ed Sheeran ihm so ähnlich sieht. Auch ist der Pumuckl wie viele Musiker niemals erwachsen geworden – mit allen Vor- und Nachteilen. Seine Egozentrik kann nervtötend sein, seine Arglosigkeit bestechend – er kann nie etwas für nix, so kommt er mit allem durch.

„Da bin ich jetzt allein zu Haus/ Der Mond schaut wie ein Knödel aus …“

Am schönsten wurde diese Mischung aus Abenteuerlust und Liebeswürdigkeit in der alten Folge mit dem Spanferkel-Essen umgesetzt. Da trottet der Kobold irgendwann nach Hause, weil er seinen Meister Eder nicht noch mehr verärgern will. Rausfliegen möchte er schließlich nicht, dafür hat er es zu gemütlich. Er sitzt in seiner Schiffschaukel und dichtet: „Da bin ich jetzt allein zu Haus/ Der Mond schaut wie ein Knödel aus/ Und wär er nicht am Himmel droben/ Ich stupste ihn, er läg am Boden/ Ich stupse alles, groß und klein/ Die Sterne und das Späneschwein/ Die Schüsseln, Teller und die Wolken/ Und alles müsste mir dann folgen/ Doch so folg ich jetzt hier im Stillen/ Dem Eder um der Freundschaft willen/ Bestimmt seh ich jetzt dann im Traum/ Einen riesengroßen Knödelbaum.“

Das Knödelgedicht wird bleiben

Abgesehen von Hermann Hesses „Im Nebel“ und Robert Frosts „Stopping By Woods On A Snowy Evening“ bis heute das einzige Gedicht, das ich je auswendig konnte. (Bei „The Road Not Taken“ stolpere ich immer in der dritten Strophe.) Die Pumuckl-Gedichte kann man mitsingen, deshalb sind sie so leicht zu merken wie Songtexte.

Wie viele Songtexte wir alle, die wir Musik lieben, wohl im Gehirn gespeichert haben? Kein Wunder, dass für Alltägliches oft nicht mehr so viele Kapazitäten da sind. Wenn Euch mal alles zu viel wird – guckt doch den Pumuckl an. Mir haben die Kinder im Kino bereitwillig Platz gemacht. Knödelgedichtkenner verstehen sich.