Reisen bildet: Yello entdecken diesmal das „Klang-Universum im Pocketformat“

In einem Boulevardfilm könnten die Musiker Boris Blank und Dieter Meier sehr gut von den Schauspielern Walter Matthau undjack Lemmon dargestellt werden. Der Titel des Werkes: „The Odd Couple, Part II“. Ein Paar, auf Gedeih und Verderb in Freundschaft und Skepsis, Humor und Respekt aufs innigste miteinander verbunden. In den Anfangsjahren ihres Unternehmens Yello exisitierte Blank als kongenialer und autodidaktischer Komponist quasi unsichtbar im Hintergrund. Die Außenwelt bekam dafür Meiers abenteuerliche Sprachgewitter zur Yello-Philosophie zu hören: „Wir müssen alle Kinder werden“, und: „Mit meiner Stimme schmücke ich Blanks Klangkathedralen.“ Inzwischen setzt sich der bedächtige Boris dazu und hält mit: „Ich lasse mich einfach durch den großen Kosmos Musik treiben.“ Heraus kommt nach wie vor der Zauber des Unvorhersehbaren, der Reiz überraschender Irrationalitäten, und dennoch scheint Methode im klingenden Chaos zu stecken – das erreichte Klassenziel des Kult-Duos Yello, anno 1997, made in Zürich.

Wie zu Anfang 1980 ist die Welt Yelloscher Klangkaskaden das Ergebnis hemmungsloser Entdeckungsreisen in moderner Studiotechnik. Die fertigen Produkte erscheinen allerdings als das Ergebnis sorgfaltigster Planung und sind als Erkennungsmelodien zahlloser Sport-, Werbe- und Musiksendungen sowie als Soundtracks zum Tanz ins nächste Jahrtausend kaum mehr wegzudenken. Das zwölfte Gesamtkunstwerk vom Züriberg, „Pocket Universe“, wird garantiert auch nach der Millenniumwende in irgendeiner Form zu hören sein – Remix- und andere Variations-Formen sind den Schweizern stets willkommen. Yello passen immer und überall, das große Klanguniversum im Taschenformat.

Für den Yello-Ruhm und aus Privatvergnügen reist der fünffache Vater Meier mal eben nach Hollywood in die Studio-Dependance – Yello-Musik ist eben Soundtrack-Musik. Nebenbei gewinnt er ein paar Tausend Dollar bei der Boxerwette Tyson gegen Hollyfield in Las Vegas, eine natürliche Herausforderung für den Ex-Profizocker. Er interviewt Tom Hanks (in der letzten Ausgabe des Rolling Stone) und wettert aufs gröbste in seiner Schweizer Kulturkolumne gegen den Papst. In New York trifft er den Ex-Boxmeister Norbert Grupe, spielt in Florida bei hochdotierten Golfturnieren, stellt nach sieben Jahren endlich seinen Film „Snowball“ in L.A. fertig – und hat einen großen Traum: „Wie Johnny Halliday mal in Las Vegas auftreten“. Und mit diabolischem Grinsen sagt Meier: „Ich will versuchen, immer ein guter Mensch zu sein.“ Wohlhabend war der Fabrikantensohn schon immer – und Weltbürger obendrein. Die Reisen für „Pocket Universe“ führten ihn diesmal gar zu der extrem häuslichen Sensibilistin und Songwriterin Stina Nordenstam aus Schweden, die für Yello „To The Sea“ sang – obwohl sie sonst eigentlich nirgendwohin geht.

Boris Blank übrigens war in seinem früheren Leben einmal Funk- und TV-Mechaniker und hat Jahre vor Yello die TV-Antenne aufs Dach der Villa in Zürich montiert, die 20 Jahre später von Familie Meier erworben wurde – und in deren Kellerstudio er sich heute nach Herzenslust verbarrikadieren kann. Blanks schlichtes Motto: „Ich bleib halt lieber daheim.“

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